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HYGIENE

lästige, aber unabdingbare Voraussetzung

 

Reinigung

Desinfektion

Sterilisation

 
          
    

Inhaltsverzeichnis

Flaschenverkeimung.jpg
Hygieneartikel Heimbrauerei.jpg
Luftkeime_Agarplatte_r.jpg
Luftkeime_Agarplatte_1.jpg
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Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel, Reinigungshilfsmittel

Luftfangplatten mit Bakterien- und Pilzkolonien aus Brauluft

Niessender Heimbrauer als "Keimspreader"

Menschliche Hautschuppen mit mikrobiellen Bewohnern

Keime - im und rund ums Bier

gutes_schlechtes Bier_l.jpg
Microbe Beer World.jpg
Hautschuppen.jpg
Hautschuppen.jpg

Stand: 06.01.2024

Hygiene: Grundlagen für den Heimbraubereich
1. Wieso ist höchste Sauberkeit im Brauwesen auf jeder Stufe eine zwingende Notwendigkeit?

 

"Reinigung und Desinfektion sind die wichtigsten Faktoren, wenn es darum geht, erfolgreich Bier zu brauen. Egal, wie umwerfend das Rezept, wie frisch der Hopfen und mit welcher Aufmertksamkeit Sie bei der Sache sind: mangelnde Hygiene kann ein Bier mehr als alles andere ruinieren" (Palmer, erfolgreich Bier brauen, 2019).
"Sauberkeit" im umfassendsten Sinne ist zentral für jede Brauerei, sei es eine professionelle Brauerei, sei es eine Heim-/Hobbybrauerei. Denn Gefahren im mikrobiellen Sinne lauern überall: kein Wunder, sind doch
  • Mikroorganismen, wie der Name es schon andeutet, so klein, dass wir sie nicht sehen können - mit ganz wenigen Ausnahmen, wenn sie vermehrt auftreten in Form von Kolonien oder als Pilzmycel (= "Pilzgeflechte"). Einzelne Bakterien sind so klein, dass wir im Mikrometerbereich denken müssen. 1 Mikrometer [μm] ist ein1/1'000 Millimeter, d.h. 1'000 Bakterien von der Länge eines Mikrometers ergeben erst einen Millimeter "Bakterienkörper". Typische Bakteriengrössen: Escherichia coli (Darmbakterie), Durchmesser d 1 μm;  Milchsäurebakterien wie Lactococcus lactis d 0.5-1.5 μm, Lactobacillus brevis (Bierschädling) d 0.7 μm; Staphylococcus aureus ("goldene Traubenkugel", Hautbewohner) d 0.8 - 1.2 μm; Pediococcus damnosus (Bierschädling) d 0.6–1.0 μm; Megasphaera cerevisiae (Bierschädling) d . Das Auflösungsvermögen  des menschlichen Auges, also die Unterscheidbarkeit feiner Strukturen wie zum Beispiel den minimalen Abstand, den zwei punktförmige Objekte haben müssen, um sie als getrennte Objekte wahrnehmen zu können, beträgt ca. 0-15 bis 0.3 mm. Daher existieren für viele Menschen Dinge, die sie nicht sehen können, einfach nicht. Höchstens die Auswirkungen werden dann erfahrbar, z.B. schlechtes Bier, eine Infektionskrankheit, verdorbene Lebensmittel.
  • Mikroorganismen in der Umwelt überall und meist in grosser Anzahl vorhanden: in der Luft, im
       Wasser und Abwasser, in Erde und Staub, auf Pflanzen, in und auf Tieren und Menschen und
       auf Gegenständen (Info1, Info2, Info3). Auch im Trinkwasser sowie Getränken und in allen
       Lebensmitteln findet man Mikroorganismen.
       Sind die Umweltbedingungen günstig (geeignete Temperatur, ausreichend Feuchtigkeit und
       Nährstoffe, geeigneter pH-Bereich) so können sich gewisse Mikroorganismen in Lebensmitteln
       schnell vermehren. Heikel sind insbesondere Fremdhefen, Schimmel und bierschädigende
       Mikroorganismen.
  • im Brauwesen ideale Nährlösungen in Form der Bierwürze, grosse befallbare Oberflächen wie
       Schläuche, Gärbehälter, aber auch Wände, Decken, Böden im Kontakt mit Nährstoffträgern
       wie Bierwürze, Bier, Malzstaub, Zuckerarten u.a. vorhanden, aber auch schwer zugängliche
       innere verwinkelte Oberflächen wie Hahnen, Gewinde, Ventile und allgemeines Brauequipment
       im Kontakt mit Nährstoffträgern.
  • im Brauwesen geeignete mikrobenfördernde Bedingungen wie hohe Luftfeuchtigkeit, Temperaturen
       und längere Einwirkungszeiten (z.B. Gärdauer) wirksam.
  • auch kontaminierte Hefestämme für den Bierverderb verantwortlich (--> mikrobielle Kontamination
       [Info]).
  • insbesondere gefährliche Phasen beim Brauen vorhanden: die Abkühlphase nach dem Sud bis
       zur Animpfphase mit Hefen (Anstellen) und bis zur starken Vermehrung und Alkoholpropduktion
       der Hefezellen.
 
Eine interessante Dokumentation der möglichen kritischen Punkte in einer Brauerei: HACCP-
(Hazard Analysis and Critical Control Points) Konzept): Info. Siehe auch hier.

Abb. 1. Kontaminationsgefahr.

Anstellen von Hefen kann zur mikrobiellen Kontami-nation führen, z.B. aus Luft-, Körper- und Material-keimen oder unreinen Anzuchten von Anstellhefen.

Ein brennender Gasbrenner treibt Luft in die Höhe und reduziert dadurch die Eintragung von Umgebungskeimen massiv. Die anschliessende Würzebelüftung muss über einen Sterilfilter erfolgen.

Der Gärtank muss ebenfalls keimfrei sein (--> Gefahr von Mikrobiofilmen bei unsachgemässer Reinigung und Desinfektion).

Bildstreifen oben li: Luftkeime auf Nähragar, re: Symbolbild Luftkeime.

Anstellung_Hygiene.jpg

Umfassende Sauberkeit zur Vermeidung der genannten 6 Problemfelder umfasst 3 Bereiche:

  1. Reinigung: Sauberkeit im klassischen Sinne als Entfernung von "Schmutz", Flecken und Fremdstoffen von Oberflächen. Schmutz wiederum kann anorganischer/ mineralischer Natur (Bsp. Kalkstein [Calciumcarbonat CaCO3], Bierstein [Calciumoxalat CaC2O4]) und organischer Natur (z.B. Eiweiss- und Fettablagerungen, Produktreste, Ausscheidungen, mikrobielle Biofilme u.a.) sein. Schmutz kann unerwünschten Mikroorganismen eine Nische, eine Art Unterschlupf in einer Miniökosphäre bieten.

  2. Desinfektion: unerwünschte Mikroorganismen auf eine unproblematische Keimzahl reduzieren bzw. inaktivieren (keine vollständige Keimabtötung).

  3. Sterilisation: sämtliche Mikroorganismen inkl. hartnäckiger Sporen sowie der Viren durch physikalische und chemische Methoden abtöten bzw. entfernen (Sterilfiltration).

Während Reinigung und Desinfektion zum Alltagsrepertoire eines Brauers gehören, ist die Sterilisation eher die Ausnahme und gehört praktisch nur in das  Gärlabor, z.B. zur eigenen Anzucht von Hefen und deren Stammhaltung (cf. Mikrobiologisches Braulabor I und Mikrobiologisches Braulabor II)

Schmutzanlagerung.jpg

Abb. 2. Anlagerung von Schmutzpartikeln als Grundlage zur Biofilmbildung.

Schmutzpartikel  haften besonders gut an rauen Materialien mit dadurch vergrösserten Oberflächen (= Rautiefen). Enthalten solche Anlagerungen nährstoffhaltige Verunreinigungen, kann rasch ein beständiger Biofilm entstehen.

2.  Was bedeutet "Verunreinigung" und "Reinigung" im Heimbrauumfeld?

2.1. Was sind mögliche Verunreinigungen?

Verunreinigungen sind unerwünschte anorganische und organische Rückstände und Fremdmikroorganismen an

  • Anlageteilen und technischen Braumaterialien wie Messinstrumente oder Gärbehälter, Schläuche, etc. mit Kontakt zur Maische, Bierwürze und Bier, oder auch nur Wasser, Bsp. mineralische Ablagerungen durch Kalk (Kalkstein, Kesselstein) aus Brauwasser, Bierstein (Calciumoxalat) und organische Rückstände wie Malzmehl, Treber, Trub, Hopfenharze, angebrannte Würze, Hefebeläge (Brandhefe), Proteine, Reinigungsmittelrückstände u.a.

  • sowie Mikroorganismen wie Bakterien/Bakteriensporen und Fremdhefen an oder aus Braurohstoffen (Malz, Hopfen, Brau- und Reinigungswasser, Hefe-Stammkulturen, Hilfs-/Zusatzstoffe) und Umgebungskeime aus Luft (z.B. staubgebunden), Wände/Decken Braukeller, Anlageteilen, Körper (z.B. an Nase- und Mundtröpfchen oder Aerosol-gebunden), Braugerätschaften (z.B. Rührkellen, Siebe, Behälter, Probeentnahmeutensilien).

Verunreinigungen bzw. Verschmutzungen kann man sich stark vereinfacht generell mit folgendem Ablauf vorstellen:

1. Schmutzpartikel werden durch physikalische und chremische Faktoren bedingte Adhäsionskräfte

    an der Oberfläche gebunden, besonders gut an rauen (oder verkratzten) Materialien mit entsprechend

    vergrösserten Oberflächen.

2. Weitere Partikel werden durch die Oberfläche und insbesondere durch gleichartige Partikel (z.B. Proteine

    durch Proteine) angezogen.

3. Auch Mikroorganismen werden angezogen, kleben einzeln oder füllen Nischen aus, umgeben sich mit

    zähen Schleimhüllen. Dadurch entstehen die sehr beständigen und schwierig zu eliminierenden Biofilme.

4. Auch einzelne Mikroorganismen können eine Biofilmbildung starten: sehr schön optisch dargestellt

    hier.

    Biofilme sind sehr heikel zu bekämpfen, nicht nur in der Medizin, auch im Brauwesen können sie

    eine Herausforderung darstellen (Info1, Info2).

 

 

2.2. Biofilme - gefürchtete und hartnäckige Kontaminanten

Biofilme sind wichtige Nischen von Mikroorganismen, die nahezu überall in Natur und medizinisch-lebensmitteltechnologischen Umgebungen vorkommen. Ea handelt sich um Mikroorganismen in Schleimfilmen, die sich an Grenzflächen zwischen Gas-, Flüssig- und Festphasen angesiedelt haben.

Die Biofilmentstehung folgt über 4 Schritte: 1. Adhäsion (geeignetes Substrat/raue Oberfläche/ verschmutzte Oberfläche), 2. Kolonisierung durch Vermehrung und Anlockung verschiedenster Mikrobentypen inkl. Hefen (cf. Abb. hier), 3. Reifung und Erweiterung des Biofilms durch extrazelluläre Matrix aus Schleim (ausgeschiedene Polysaccharide, Proteine und Nukleinsäuren, die als Summe EPS = extrazelluläre polymere Substanzen bezeichnet werden). Bakterien werden immobil.  4. Alterung und Ablösung: durch zunehmende Dicke und Gasbildung wird der Biofilm instabil und Biostücke gehen verloren. Dadurch wird wiederum die Bildung neuer Biofilme ermöglicht.

Abb. 3. Entstehung eines Biofilms.                  cf. auch hier

Biofilme können verschiedenste Mikrobenarten umfassen

(z.B. Milchsäurebakterien, Wildhefen, Pectinatus). Diese aufwachsenden und festhaftenden Matten bzw. Beläge sind dank der Schleimhülle gegen Austrocknung und Reinigungs-/ Desinfektionsmittel widerstandsfähig. Bruchstücke aus Biofilmen kontaminieren andere Anlagenelemente und Brauutensilien. Biofilme kommen oft an schwer zugänglichen Stellen vor, z.B. Gewinde/Ausflusshähne/Kugelhähne, Rohr-/ Schlauchleitungen, Schweissnähten, Nuten, Materialrissen,  Ventile, Dichtungsringe, Pumpen und Lagertanks.

EPS: extrazelluläre polymere Substanzen.

Raue Oberflächen begünstigen generell eine Ansiedelung                                                                             [Abb. stark verändert aus Keweloh]

Biofilm.jpg

Diese Biofilmbildung kann in technischen Systemen als sogenanntes Biofouling teilweise zu erheblichen Problemen führen: Besiedelung an Werkstoffoberflächen --> mikrobielle Korrosion, Erschwerung des Wärmedurchgangs bei Wärmeaustauschern, Erhöhung des Strömungswiderstandes, Besiedelung von Membranoberflächen (Filtrationstechnik), Kontamination von Produkten. Für den Hobbybrauer ist praktisch nur Letzteres von Bedeutung.

Abhilfe schaffen rigorose Hygienemassnahmen in Form von geeigneten Materialien, Oberflächen, hygienegerechtes Design und vor allem Reinigungsmassnahmen,  Desinfektion und seltener auch die Sterilisation.

3. REINIGUNG   
3.1. Hygienegerechtes Design und Brauumgebung          
Alle Braugerätschaften und Brauutensilien sollten optimalerweise so beschaffen sein, dass hygienische Schwachpunkte vermieden werden, z.B. vollständige Entleerung möglich, keine Rohre mit totem Ende, keine scharfen Kanten oder überstehende Verbindungen (--> Gefahr von Ablagerungen und anschliessender Biofilmbildung). Toträume und Gewindeabdichtungen mit Teflon müssen besonders sorgfältig beachtet werden. Pumpen regelmässig reinigen (z.B. Speidel Braumeister, siehe hier).
Alle Oberflächen, die Kontakt haben zu den flüssigen Medien (Wasser, Würze, Bier, Nährlösungen) und Hefen (in Stammhaltung, Anstellhefen) müssen den Reinigungsvorgängen zugänglich sein. Besonders heikel sind die schwer zugänglichen Orte (cf. Legende zu Abb. 3) sowie raue Oberflächen ganz allgemein, so auch mit Scheuerlappen behandelte Oberflächen. Glatte Oberflächen von Werkstoffen wie Chrom-Nickel-Stahl oder Kunststoffen bieten Keimen kaum Möglichkeiten der Ansiedelung. Bei allen Reinigungsvorgängen zur Entfernung von Maische, Bier- und Würzeflüssigkeiten oder allgemein Braurohstoffen und deren Derivate wie hartnäckiger Trub oder Hopfenharze sollte mechanisch möglichst sanft vorgegangen werden, also keine scheuernde Lappen oder kratzende Reinigungsschwämme einsetzen.
Aber auch die Brauumgebung sollte hygieneoptimiert sein: Bodenbeläge, Wände, Arbeitsflächen. Die mikrobiologische Belastung der Raumluft sollte durch geeignete Reinigungsverfahren der Raum- und Geräteoberflächen minimiert werden, denn auch diese kann sich als Folge unhygienischer Bedingungen erhöhen, z.B. durch Mehlstaub beim Schroten. Wer die labortechnischen Grundfertigkeiten und Gerätschaften verfügt, kann periodisch die Keimbelastung bestimmen (siehe dazu Braulabor 26 - Wie keimreich ist die Luft im Braukeller? mit der genauen Versuchsanleitung hier, oder einfach mal die Bilder hier betrachten!I).
3.2. Vorbeugende Massnahmen zur Verhinderung von Hygienerisiken
Bevor optimale Reinigungs- und Desinfektionsverfahren für die eigene Hausbrauerei/Braukeller festgelegt werden, sollten die folgenden Punkte beachtet und notfalls verbessert werden, um sich wiederholende unnötige Infektionen zu ersparen:
  • Schwachstellen ausmerzen: sorgfältig die eigene Brauanlage und den Brauort auf die unter Pkt. 3.1. angesprochenen Problembereiche systematisch analysieren und gegebenfalls verbessern.
  • Reinigungs-/Desinfektionsplan festlegen (CIP): Cleaning in Place (CIP) bzw. ortsgebundene Reinigung bezeichnet ein Verfahren zur Reinigung verfahrenstechnischer Anlagen, das ursprünglich für die Nahrungsmittel- und Milchprodukteindustrie entwickelt wurde (Info). Die Vorgehensweise kann auch für die Heimbrauerei appliziert werden. Folgende Verfahrensschritte gehören dazu
  1. Grob- oder Vorreinigung: Vorspülen mit Wasser (ideal: 40 - 50 °C), evtl. mechanische Grobreinigung mit Bürsten, um grobe Verschmutzungen zu entfernen

  2. Hauptreinigung: Spülen und Einwirkung mit einer Lauge (alkalisches Mittel) bzw. Reinigungsmittel (jedesmal!) auf Anlage/Gerätschaften

  3. Zwischenspülung: mit Wasser zum Ausspülen des Reinigungsmittels

  4. Zusatzreinigung: Spülen der Anlage mit einer Säure zur Entfernung von Kalkablagerungen und Bierstein (im geeigneten Rhythmus, z.B. nach jedem 3. Sud)

  5. Nachspülung: Klarspülen mit Wasser

  6. Trocknung: Oberflächen mit trockener Luft und saubere Tücher behandeln, um Restwasser zu entfernen (--> viele der anwesenden Mikroben sterben ab und erneute Keimbildung wird ohne Wasser verhindert)

  7. Desinfektion: Optional, etwa mittels Standdesinfektion (Brauanlage oder Gärtank wird nach Benutzung bis zum nächsten Einsatz mit Desinfektionsmittel unter Ausschluss von Umgebungskontaminationen feucht gehalten).

  8. Schluss-/Startspülung: Vor nächstem Sud Desinfektionsmittel bzw. nach Schritt 6 angesammelte Staubverunreinigung ausspülen, z. B. mit Reinstwasser (abgekochtes entionisiertes Wasser) oder spülfreier OXI-Reinigungslösung.

  • CIP-Plan Brauumgebung: ebenfalls Heimbrau-angepassten "CIP-Plan" für gesamte Brauumgebung mit Kontaminationsgefahr erstellen und Zeitplan der Reinigung der einzelnen Elemente erstellen. Beispiel: Fussboden unmittelbar vor Brautag reinigen, Tischfläche für Hefevorbereitungen (z.B. Anzucht Starterkultur, Hydrierung Trockenhefen) unmittelbar vor Aktion desinfizieren, benötigte Glaswaren u.a. Laborutensilien desinfiziert oder sterilisiert. Schwachstellen (Gewinde, Hähnen u.a.) zerlegen und in Reinigungs-/Desinfektionsprozess mit Zeitplan und Reinigungs-/Desinfektionsplan einbeziehen.

  • Verarbeitung Braurohstoffe: Das Handling der Braurohstoffe wie frische oder getrocknete Hopfendolden, Malen von Zusatzstoffen wie Kräuter/ Blüten/ Gewürze, aber ganz besonders das Schroten von Malz (--> intensiver Mehlstaub) sollte vom Ort der Gärprozesse getrennt sein. Viele dieser Rohstoffe sind mikrobiell relativ stark belastet, insbesondere Malz und Samen.

  • Oberflächenbehandlung:

       Oberflächenspülung: Brauutensilien und insbesondere alle Oberflächen mit Würze/Bier/Brauingredienzien (WBB)-Kontakt immer umgehend und

       zwingend nach jedem Sud mit Wasser abspülen, um ein Antrocknen mit den WBB-Komponenten zu verhindern. Schwachstellen (Gewinde, Hähnen

       u.a.) zerlegen und in Reinigungs-/Desinfektionsprozess einbeziehen.

       Oberflächenbehandlung: zur Reinigung keine festen Bürsten, kratzigen Schwämme oder gar Drahtschwämme einsetzen, denn feine Kratzer auf der

       Ausrüstung (vor allem bei Kunststoffen) schaffen die besten Voraussetzungen für organische Ablagerungen und mikrobielle Ansiedelungsnischen.

       Brücklmeier (2018, S. 422): "In einen Kratzer, der 1 Zentimeter lang, 0,5 Millimeter tief und 0,5 Millimeter breit ist, passen theoretisch etwa 250 Millionen

       Milchsäurebakterien."

  • Abtrocknung: ohne Wasser gibt es kein mikrobielles Wachstum - daher muss das gereinigte Braumaterial möglichst rasch getrocknet werden. Falls keine Trocknung möglich ist, mit materialverträglichem Desinfektionsmittel tränken und einwirken lassen (z.B. Mischung aus Ethanol/2-Propanol 62.5%/7.5%).

  • Lagerung: das gesamte Braumaterial sollte immer möglichst trocken gelagert werden, um Keimwachstum zu verhindern. In der Regel ist davon auszugehen, dass die Raumluftfeuchtigkeit 70 % nicht überschreiten sollte. Eine erhöhte Gefahr von Schimmelbildung ist bereits ab 60 % gegeben. Die optimale Luftfeuchtigkeit für die Gesundheit des Menschen liegt bei 50 %. Ist die Brauumgebung von relativ hoher Luftfeuchtigkeit, können z.B. Granulat-Luftentfeuchter oder elektrische Luftentfeuchter/Kellerentfeuchter eingesetzt werden (Info1, Info2).

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

 

 

Entfeuchtung_Braukeller.jpg

Abb. 4. Chemische Luftentfeuchtung.

Bsp. UHU-Original (Info), offen mit Granulat-Nachfüllungpackung (Calciumchlorid wasserfrei, CaCl2) und Feuchtigkeitsmessgerät. Wirkung: CaCl2 + 6 H2O --> CaCl2 . 6H2O -->  Ca2+  +  2 Cl-

Die Kristalle des Hexahydrats lösen sich bei ungefähr 30 °C im eigenen Kristallwasser (Info).

Entfeuchter elektrisch.jpg

Abb. 5. Luftentfeuchter im Braukeller.

In Kellern kommen chemische Luftentfeuchter schnell an ihre Kapazitätsgrenze, da die Feuchtigkeit häufig vom Untergrund und von draussen "angesogen" wird. Die chemische Entfeuchtung wird dann rasch zu teuer. Hier hilft nur ein elektrischer Entfeuchter, der je nach der relativen Luftfeuchtigkeit läuft.

Sinner Kreis.jpg

Abb. 6. Der Reinigungserfolg hängt neben der Wasserlöslichkeit der Schmutzstoffe im Wesentlichen von 4 Parametern ab.

Durch Variation der einzelnen Parameter kann die gleiche Wirksamkeit erreicht werden, d.h. jeder Einflussfaktor kann z.T. durch einen anderen substituiert werden.

3.3. Reinigungmethoden - Reinigungsprozess beeinflussende Faktoren
Reinigung ist die Entfernung von allen Schmutzkomponenten, anorganische mineralische und organische Stoffe sowie unvollständig mikrobielles Material. Es kommen prinzipiell drei Verfahren zum Einsatz: mechanische, chemische und thermische Reinigung, wobei die effektivste Reinigung immer eine Kombination aller drei Methoden ist.  Dabei sind immer fünf Faktoren bzw. Variablen von Bedeutung, die aufeinander abgestimmt sein müssen, um eine wirkungsvolle und effiziente Reinigung zu erzielen:
  1. Zeit der Einwirkung
  2. Temperatur
  3. Mechanische Einwirkung  
  4. Chemie: Stoffe und deren Konzentration 
  5. Wasser
  6. Materialkenntnis der Brauutensilien

Der sog. Sinner'sche Kreis beschreibt die 4 Schlüsselfaktoren, die hauptsächlich  für einen

erfolgreichen Reinigungsprozess verantwortlich sind [Info > Folie 2-6]:

  1. Zeit: Unter Zeit wird die Kontaktzeit zwischen den eingesetzten Reinigungsmitteln und den                                                                                                       

       zu reinigenden Oberflächen verstanden. Je nach Wirkungsmechanismus und Konzentration

       der chemischen Inhaltsstoffe der eingesetzten Reinigungsmittel braucht es eine bestimmte   

       Einwirkungszeit, um den gewünschten Reinigungseffekt zu erzielen. Die empfohlenen

       Einwirkungszeiten sollen i.d.R. als Minimum betrachtet werden, um auf der sicheren Seite

       zu stehen.

   2. Temperatur: Steigende Temperaturen erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeit sowohl der

        Löslichkeit gewisser Schmutzstoffe (besonders organischer Stoffe, z.B. Fette) als auch der 

        Reinigungswirkung der eingesetzten Reinigungsmittel. Dabei muss die Temperatur-

        beständigkeit des zu reinigenden Materials als auch die der Wirkstoffe (z.B. temperaturlabile 

        Enzyme) beachtet werden. Zu hohe Temperaturen können sogar verbleibende Hopfenöle an 

        Oberflächen "einbacken". Chemische RGT-Grundregel: Eine Erhöhung um 10 °C verdoppelt

        bis vervierfacht die Reaktionsgeschwindigkeit!

    3. Mechanik: Die Intensität der Einwirkung mechanischer Hilfsmittel wie Bürsten, Lappen, Schwämme und Wasserstrahl hat einen entscheidenden

        Einfluss auf die Entfernung der abgelagerten Schmutzschichten. Eine zu hohe Krafteinwirkung kann allerdings die zu reinigenden Oberflächen

        aufrauen und damit Folgeprobleme schaffen (cf. Abb. 2): daher Vorsicht vor zu "kratzigen" Hilfsmitteln. Hinweis: Bei der mechanischen Wirkung

        braucht es immer auch ein Lösungsmittel, in der Regel Wasser. Wenn die Verschmutzung nicht gelöst wird, braucht es einen Lösungsvermittler, eben

        ein Reinigungsmittel.

   4. Chemie: Darunter fallen alle Reinigungsmittel, Säuren und Laugen und auch Desinfektionsmittel. Neben der Wahl des geeigneten Reinigungsmittels

       für den gewünschten Zweck ist die Konzentration ganz entscheidend.

Zwei weitere wichtige Faktoren, die zu einem optimalen Reinigungsergebnis berücksichtigt werden müssen, sind:

   5. Wasser: Obwohl Wasser im Sinnerschen Kreis nicht explizit erwähnt wird, ist es natürlich das Lösungsmittel für Reinigungsmittel und verschmutzende

       Substanzen. Es ist ebenso das wichtige Spülmittel vor der Reinigung wie nach der Reinigung. Auch das Spülwasser muss mindestens

       Trinkwasserqualität aufweisen, noch besser ist natürlich sehr weiches Wasser oder gar entionisertes bzw. destilliertes Wasser. Trinkwasser enthält

       immer auch gelöste Ionen, welche mit der Zeit mineralische Ablagerungen (meist Kalk) und Verfärbungen verursachen könnten.

       Wichtige Zusatzinfo: Die Härte des Wassers hat einen grossen Einfluss auf die Reinigung. Sie wird durch den Anteil an Calcium- und Magnesium-Ionen bestimmt (siehe auch hier). Da diese

        Erdalkalien mit Komponenten in den Reinigungsmitteln reagieren können, ist die Reinigungswirksamkeit von weichem Wasser grösser als die von härterem Wasser. Hohe Konzentrationen an

        Ca2+- und Mg2+-Ionen fallen darüber hinaus beim Erhitzen als Carbonate (Wasser- oder Kesselstein) aus  Ca(HCO3)2 (aq) --> CaCO3(s)↓  +  H2O  +  CO2(g)↑, die die Reinigung und

        Desinfektion erschweren. Reinigungsmittel enthaklten deshalb häufig Substanzen, welche die Härtebildner des Wassers binden.

   6. Materialien: Braugerätschaften bestehen aus Metallen (Kupfer, Stahl/Edelstahl, Messing, Aluminium) Kunststoffen (3 Arten: PE-HD, PTFE, PC, PVC)

       [Abk. Kunststoffe: cf. hier], Glas oder Holz. Nicht alle dieser Materialien können mit dem gleichen Reinigungsmittel gesäubert werden. Eine

       materialspezifische Zusammenstellung der Verträglichkeit gegenüber den Reinigungsmittel-/Desinfektionsmittelklassen ist als pdf-Kurzanleitung

      "Handlingstipp Reinigung/Desinfektion spezifischer Materialien" hier zu finden.

3.4. Reinigungsmittel für den Heimbrauer  
3.4.1. Reinigungsmittel allgemein                                  
Reinigung beim Brauen bedeutet i.d.R. Entfernung von mineralischen Ablagerungen, organischen Resten wie Eiweisse oder Lipide (fettartige Reste), Hopfenharze, Brandhefe (aus angetrocknete Hopfenharzen, Proteinen und getrockneten Kräusen im Gärbehälter) und angetrocknete Flaschenhefen. Spontan würde man ein Haushaltsreinigungsmittel nehmen, Handspülmittel (Neutralreiniger: pH-neutral oder schwach sauer) für das alltägliche Küchengeschirr und Geschirrspülmaschinenreiniger. Diese Neutralreiniger enthalten allerdings eine Vielzahl von Inhaltsstoffen (Info1, Info2) mit teilweiser Auswirkung auf die Bierqualität.
  • Handgeschirrspüler: vernünftige (ökologische) enthalten typischerweise      anionische, nichtionische (Zuckertenside) und amphotere Tenside, (Info)
       Lanolin, (ökologischer) Konservierer und Duftstoffe (Bsp.). Tenside braucht
       es als Kontaktvermittler zwischen wassermeidenden (hydrophoben)
       Fettstoffen und Wasser (--> Fett "löst" sich in Wasser, bzw. bildet eine Emulsion).
       Der zweite positiven Reinigungseffekte der Reduktion der Oberflächenspannung
       des Wassers und der daraus resultierenden besseren Benetzung von Oberflächen
       und kleinsten Spalten überwiegen die mehrfachen Nachteile nicht:  
       1. Schaumzerstörende Rückstände, 2. Parfüme, die von Kunststoffutensilien
       aufgenommen und später ins Bier abgegeben werden können, 3. Filmbildung,
       die Geschmack und Schaumhaltbarkeit beeinträchtigen kann. 
  • Geschirrreiniger: sind meistens alkalische, tensidhaltige Reinigungsmittel
       mit diversen Zusätzen wie Parfum, Tenside, evtl. Phosphate oder EDTA
       (cf. Komplexbildner), Bleichmittel, Enzyme. Phosphate enthärten Wasser und
       halten Schmutz in Lösung. Bleichmittel oxidieren verschiedene Schmutzarten.
       Enzyme wie Amylasen und Lipasen lösen die stärkehaltigen und fetthaltigen
       Lebensmittelbestandteile auf. Sofern Maschinengeschirrreiniger keine   
       Parfümierung aufweisen, sind sie zur Reinigung von Brauutensilien recht brauchbar 
       und werden, da sie kostengünstig sind, auch öfters eingesetzt.

allg. Info zu Reinigungsmitteln  InfoInfo2 

Handspülmittel.jpg

Abb. 7. Haushaltreinigungsmittel: nur bedingt brauchbar.

li: Zwei Handspülmittel: eignen sich höchstens für Brauutensilien, die keinen langen Kontakt mit Bierwürze/Bier haben. Gereinigte Gegenstände sollten aber erst nach gründlichem Spülen mit Wasser eingesetzt werden.

re: Maschinenspülmittel: brauchbar, sofern keine Parfüms vorhanden sind. Bei diesem Produkt "Sun" findet sich unter Inhalts-stoffe auch die Angabe "Duftstoffe" --> Produkt nicht brauchbar.

Bsp. Palmolive 4in1 Antibakteriell: Sicherheitsdatenblatt.

Fazit: Normale Haushaltreiniger für Hand- und Machinengeschirr erfüllen zwei wichtige Reinigungsfunktionen: 1. Durch Minderung der Oberflächenspannung werden Oberflächen vollständig benetzt, Wasser dringt auch in kleinste Spalten/Risse von Oberflächen ein und verändert die Schmutzpartikel durch Auflösung, Quellung, Emulgierung und Abtragung. Bei Handspülmittel überwiegen allerdings die Nachteile, Geschirrspülmittel sind brauchbar.
In professionellen Brauereien werden i.d.R. alkalische Reiniger und Saure Reiniger eingesetzt oder aber gleich fertig konfektionierte Reinigungsmittel. Letztere enthalten zwei Hauptkomponenten mit verschiedenen Additiven, welche für spezifische Anwendungsbereiche konzipiert werden.
Soda
3.4.2. Grundchemikalien in Brauerei-typischen Reinigungsmitteln
Alkalische Reinigungsmittel entfernen besonders die in Gärbehältern üblichen
Proteinrückstände (allgemeine Info). Als typische Grundkomponenten werden eingesetzt:
Laugen (alkalische Lösungen) wie
  • Natriumhydroxid NaOH (0.5-2 %w/w, also 0.5 g bis 2.0 g NaOH (feste Plätzchenform)
       in 99.5g bis 98.0g Wasser. Gewisse Kleinbrauereien gehen bis 4.0 % Natronlauge unter
       entsprechender Schutzmassnahmen (Hände- und Augenschutz)).
       Kaliumhydroxid KOH (0.5-2 %w/w, also 0.5 g bis 2.0 g NaOH (feste Plätzchenform) in
       99.5g bis 98.0g Wasser).
       Vorsicht: NaOH und KOH sind stark ätzend und sollte nur von Personen mit grundlegenden
       Chemiekenntnissen und Schutzmassnahmen eingesetzt werden!      [Info NaOH, Info KOH].
  • Natriumcarbonat Na2CO3 (Soda, Info). Empfohlene Konzentration für die deutlich
       schwächere alkalische Lösung: 3-5 %w/w (3 g bis 5 g Na2CO3 in 97 bis 95g Wasser).
       Sicherheits-Info. Bezug: Info.
  • Natriummetasilikat Pentahydrat Na2SiO3.5H2O bildet starke alkalische Lösungen ohne
       Aluminium anzugreifen. 0.5 bis 10 g Silikat/1L. Info.
Hinweis: Alle alkalischen Reinigungschemikalien sollten mit entionisiertem Wasser angesetzt
werden, um eine Ausfällung von Härtebildnern zu vermeiden, die sich als schwierig zu
entfernende Schleier auf Oberflächen absetzen.
Soda Reinigung.jpg

Abb. 8. Alkalische Reiniger.

li: Natriumhydroxid NaOH als feste Plätzchen.

re: Soda = Natriumcarbonat Na2CO3, ein altbekanntes und vielfach bewährtes Reinigungsmittel im Haushalt.

Aus Sicherheitsgründen müssen beim Arbeiten mit diesen ätzenden Chemikalien eine Schutzbrille sowie zusätzlich Einweghandschuhe getragen werden.

Saure Reinigungsmittel (allg. Info) entfernen mineralische Ablagerungen, die sich mit Säuren

durch Auflösung entfernen lassen, so z.B. Kalk CaCO3:

CaCO3 + 2 H+ → Ca2+ + H2CO3          

H2CO3 → H2O + CO2↑

Als Säuren (= H+- bzw. H3O+-Spender [cf. Theorie Säuren hier] kommen im Haushalt häufig "milde" Säuren zum Einsatz:

  • Citronensäure C6H8O7 ([Info]). Wirkung: CaCO3  +  2 C5H7O5COOH  →  Ca2+  +   2 C5H7O5COO   +  CO2↑  +  H2O.

       Empfohlene Konzentration 1.5-3 %w/w (1.5 g bis 3 g in 98.5 bis 97g Wasser; Brücklmeier empfiehlt sogar 5-6 % [50-60 g/1 L Wasser!]). Konfektioniertes

       Handelsprodukt: BIO SP. Vorteil: geruchsfrei, sanft gegenüber Materialien.

  • Essigsäure CH3COOH ([Info]). Wirkung: CaCO3  +  2 CH3COOH  →  Ca2+  +   2 CH3COO−  +  CO2↑  +  H2O. Putzessig (z.B. Oecoplan Putzessig: enthält 9.5% Essigsäure). Essigsäure löst nicht nur Kalk auf und zeigt einen allgemeinen Reinigungseffekt, es ist auch zu 99,99% antimikrobiell wirksam gegen Bakterien, Pilze und Viren. Nachteil: rel. aggressiver Geruch und gegenüber dauerelastischen Kunststoffen (), Geruch.

  • weitere Säuren für Reinigungszwecke sind z.B. Phosphorsäure H3PO4 [Info] oder Salpetersäure HNO3 [Info], die vor allem für hartnäckige Ablagerungen wie Bierstein eingesetzt werden. Diese starken Säuren sind im direkten Einsatz für Heimbrauer aus Sicherheitsgründen nicht zu empfehlen.

3.4.3. Fertig einsetzbare Reinigungsmittel für den Heimbraueinsatz
In Braushops finden sich alkalische, saure und oxidative Reiniger meist mit Additiven (Zusatzhilfsstoffe) in konfektionierter Zusammensetzung.
Additive optimieren in anwendungsfertigen Reinigungsprodukten deren Einsatz für bestimmte Anwendungsbereiche. Als solche werden eingesetzt:
- Tenside: setzen Oberflächenspannung des Wassers herab --> bessere Benetzung, Eindringen in kleinste Nischen
- Komplexbildner: z.B. Phosphate, Citrate, EDTA  --> binden Härtebildner (z.B. Trinatriumphosphat   2 Na3PO4  +  3 Ca2+  →  Ca3(PO4)2  +  6 Na+)  →  Ca2+ kann nicht
  mehr als Kalk an Oberflächen anhaften (Info Wasserhärte: cf. hier)
- Entschäumer: verhindern störende Schaumbildung bei CIP-Prozessen (Hinweis: Schaum kann auch erwünscht sein, z.B. Oberflächenreinigung)
- Oxidationsmittel: meist Natriumpercarbonat 2 Na2CO3 · 3 H2O2 [Anlagerungsverbindung ) von Wasserstoffperoxid H2O2 an Natriumcarbonat (Soda, Na2CO3)] und
  Natriumhypochlorit-Hexahydrat NaClO.6H2O oder Kaliumhypochlorit KClO [mit KCl als Javelwasser im Einsatz].
  Wirkungsweisen:
  1. Wasser: NaClO  +  H2O → Na+  +  ClO-    2. ClO-  +  H2O  <--> HClO  +  OH-  alkalische Lösung: löst Fette und Proteine (Denaturierung, Hydrolyse)
  2. Protonierung: HClO  +  H+  +  2e-  →  Cl-  +  H2O: Oxidationsmittel mit bleichender und desinfizierender Wirkung
  3. Zerfall: 2 HClO  →  2 HCl  + *O2: reaktiver O2 (Singulett-Sauerstoff) wirkt oxidierend
  4. Gleichgewicht: HClO  +  HCl  <--> Cl2  +  H2O: um Giftgasentweichung Cl2 zu verhindern, muss Lösung z.B. durch Zugabe von Natriumcarbonat alkalisch bleiben.
Ausgewählte Handelsreinigungsprodukte
Alkalische Reiniger:
      (Natriumcarbonat), Chlorträger Natriumdichlorisocyanurat2 Wirkung: alkalisches
      Reinigungsmittel mit gleichzeitig desinfizierender Wirkung; gute Entfernung von
      Fetten und Eiweissen.  3 Einsatzbereich: keine Einschränkungen (Sudhaus, Tanks,
      Leitungen, Schläuche, Abfüllanlagen, Flaschen- und manuelle Reinigung). Bereits
      im Kaltbereich hochwirksam.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Flaschen/Materialien
      vorher ausspülen oder einweichen.  5 Dosierung: 0.5 % (5 g auf 1 Liter Wasser) bei
      Temperaturen von 50 - 75 °C (Hinweis: nicht mit sauren Lösungen mischen, da
      sonst Chlorgas entsteht) 6 Einwirkungsdauer: 30-60 min.  7 Nachbehandlung:  mit
      Wasser nachspülen  8 Informationen:  Datenblatt. Bezug
      Natriumpercarbonat, Kaliumdiphosphat, modifizierter Fettalkoholpolyglycolether
      (= Oxirane, methyl-, polymer with oxirane, mono-C8-10-alkyl ethers, ethers with
      1,2-decanediol (1:1)).  2 Wirkung:  multifunktionales Reinigungsmittel mit
      Aktivsauerstoff. Entfernt Eiweissrückstände, Stärkeablagerungen und Fettsäuren.
      3 Einsatzbereich: alle Arten von Brauutensilien, Kunststoffe und Weichmetalle, nicht
      aber Teflon. 4 Vorbereitung/ Anwendung:  Brauutensilien vorher ausspülen oder
      einweichen.   5 Dosierung: 7 bis 14 g/1 L warmes Wasser, für Intensivreinigung
      21 g/1 L H2O.  6 Einwirkungsdauer: 30 min, schrubben oder einweichen.  
      7 Nachbehandlung:  nachspülen mit Chemipro CIP oder Chemipro SAN.  
      8 Informationen: Datenblatt Bezug.
  • Enzybrew 10:  1 Inhaltsstoffe Enzyme (Protease, Cellulase), alcohols (C12-C15, ethoxylated, propoxylated), Natriumcarbonat, Natriumpercarbonat. 2 Wirkung: alkalisch eingestelltes, enzymatisches Reinigungsprodukt gegen organische Verschmutzungen wie Brandhefe, pflanzliche Fasern (Malz, Hopfen), Proteine, Stärke, karamellisierte Zucker. 3 Einsatzbereich: Braukessel, Gärtanks, Würzekühler, Schläuche, Rohre, Brauutensilien (keine Einschränkungen, ausser: keinen Langzeitkontakt mit Aluminium, Eisen, Kupfer), auch für Filter und Flaschen geeignet. 4 Vorbereitung/ Anwendung: Brauutensilien vorher von grober Verunreinigung reinigen und ausspülen, oder einweichen.  5 Dosierung: 0.5  - 1 %w/w, bei intensiver Reinigung bis 2 % (5 - 10 g auf 995-990 mL Wasser) bei Temperaturen von 45 - 60 °C, gut durchmischen. 6 Einwirkungsdauer: 10 - 30 min, optimal 30 min, maximal 120 min. 7 Nachbehandlung:  Spülung mit warmem Wasser; optimal: schwache saure Lösung 10 min einwirken lassen, anschliessend desinfizieren, am Schluss  mit klarem Wasser spülen.  8 Informationen: Datenblatt. Zusatzinfo. Bezug
  • Chemipro Caustic:   1 Inhaltsstoffe   Chlorträger Natriumdichlorisocyanurat (syn. Troclosenatrium, C3Cl2N3NaO3.2H2O), 2.5-10 %Dinatriummetasilikat Na2O3Si, 10-20 %; Natriumhydroxid NaOH, 25-35% (!);  Benzolsulfonsäure, C10-13-Alkylderivate, Natriumsalze: Alkylbenzolsulfonat, Na-Salz, 1-3 %; aliphatische Kohlenwasserstoffe: Paraffinöl, 1-5 %.    2 Wirkung: Pulverförmiges, sehr stark alkalischer kräftiger Reiniger für alle schwer verschmutzten Materialien, mit aktivem Chlor. Schwach schäumend. Auch als Desinfektionsmittel wirksam!  3 Einsatzbereich:  Alle Braumaterialien. Nicht geeignet für Kupfer und Eisen, nur kurz verwenden auf Edelstahl.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Flaschen/Materialien mit warmem Wasser ausspülen oder einweichen lassen. Geräte bis über Füllstandsniveau mit einer Gebrauchslösung von Chemipro Caustic füllen. Unbedingt Schutzmassnahmen treffen (Schutzhandschuhe/Schutzkleidung und Augenschutz/Gesichtsschutz tragen).   5 Dosierung: 1 Gramm pro Liter warmes (niemals heisses oder kochendes) Wasser, langsam dazu geben (nicht umgekehrt, d.h. nicht Wasser zum Chemipro Caustic geben!). Bei starker Verschmutzung: 2 - 5 % ansetzen.  6 Einwirkungsdauer: 5 - 60 min, je nach Verschmutzungsgrad (max. sogar bis 3 Stunden). Temperatur max. 60 °C. Einwirkzeit kann beträchtlich verringert werden, indem stark verschmutzte Stellen mit einer Bürste gereinigt werden.   7 Nachbehandlung:  mit Wasser sehr gut nachspülen.  8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug CH  Bezug BE.   
Alkalireiniger.jpg

Abb. 9. Kommerzielle alkalische Reinigungsmittel für Brauutensilien.

Halapur MP: normale Reinigungskraft, zusätzlich desinfizierend.

Enzybrew: mild-normale Reinigungswirkung.

Chemipro caustic: kräftige Reinigungswirkung (auch desinfizierend).

Saure Reiniger:
      als Grundreinigungsmittel für die alternierende saure Reinigung geeignet. 3 Einsatzbereich:
      alle Gerätschaften ausser zinkhaltige Materialien.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Flaschen/
      Materialien vorher ausspülen oder einweichen.  5 Dosierung: 5 - 10 g/1 L H2O bei
      Temperaturen von 45 °C (Handreinigung)  - 70 °C (Zirkulation). 6 Einwirkungsdauer: Aluminium
      < 10 min, für verzinkte Geräte ungeeignet.  7 Nachbehandlung:  nachspülen mit sauberem
      Wasser.  8 Informationen:  DatenblattSicherheitsdatenblatt.   Bezug
      saures Reinigungsmittel für leicht verschmutztes Material. 3 Einsatzbereich: gesamte
      Brauausrüstung (insbes. Filterkartuschen) ausser Kupfer. 4 Vorbereitung/ Anwendung:
      Flaschen/Materialien vorher ausspülen oder einweichen.  5 Dosierung: 1 % (250 mL
      ergibt 25 Liter Reinigungslösung). 6 Einwirkungsdauer: 5 - 10 min. 7 Nachbehandlung:
      nachspülen mit sauberem Wasser.   8 Informationen: Datenblatt. Zusatzinfo. Bezug.

 

Oxidative Reiniger:     wichtig: immer Augen, Hände, allg. Haut schützen!
      Natriumcarbonat. 2 Wirkung: Reinigung und Desinfizieren dank aktivem
      Sauerstoff. 3 Einsatzbereich: für alle leicht beschmutzten Materialien wie
      z.B. Brauutensilien, Gärbehälter und Tanks, Fässer. 4 Vorbereitung/
      Anwendung: Materialien vorher ausspülen oder einweichen lassen.
      Brauutensilien mit Chemipro OXI tränken bzw. Gefässe damit auffüllen.  
      5 Dosierung: normal 4 g/1 L warmem Wasser anmischen, Einsatz bei
      Temperaturen von 45 - 50 °C. 6 Einwirkungsdauer: 2 - 5 min für normale
      Reinigung. 7 Nachbehandlung: Keine Nachspülung nötig, aber gut
      abtropfen lassen.  8 Informationen:  Datenblatt. Bezug
      Natriumcarbonat, Natriumolefinsulfonat. 2 Wirkung: Hygienische
      Reinigung dank aktivem Sauerstoff sowie Aktivschaum für bessere
      Reinigung. 3 Einsatzbereich: für alle Materialien und Flaschen, inbes.
      für schmutzige Utensilien. 4 Vorbereitung/ Anwendung: alle Brauutensilien
      mit warmen Wasser von groben Verunreinigungen ausspülen oder
      einweichen lassen. Bier-Kwik in warmem Wasser lösen und Brauutensilien
      darin tränken bzw. Gefässe füllen.  5 Dosierung: normal 4 g/1 L Wasser,
      hartnäckiger Schmutz 8 g/1 L bei Temperaturen von 45 - 60 °C. 
      6 Einwirkungsdauer: 1 - 2 min für normale Reinigung, 2 - 5 min für
      hartnäckigen Schmutz/Etikettenentfernung.  7 Nachbehandlung: 
      Nach Reinigung mit Wasser klarspülen!  8 Informationen:  Datenblatt. Bezug
  • PBW Five Star: 1 Inhaltsstoffe Dinatriummetasilikat, Natriumpercarbonat, Dinatriumcarbonat, Tetranatriumethylendiamintetraacetat (EDTA), Natriumhydroxid. 2 Wirkung: Multifunktionales Reinigungsmittel mit aktivem Sauerstoff. Entfernt hartnäckige Eiweissflecken und -rückstände, Stärkeablagerungen und Fettsäuren, auch an schwer zugänglichen Stellen durch einfaches Einweichen und Abspülen. 3 Einsatzbereich: für alle Materialien, sicher für die Verwendung auf Edelstahl, Gummi, Weichmetallen und Kunststoffen (nicht auf Teflon verwenden!). Gute Hartwassertoleranz. 4 Vorbereitung/ Anwendung: grobe Verunreinigungen von sämtlichen Bestandteilen der Brauausrüstung mit warmem Wasser abspülen. Behälter/Gefässe u.a. mit der PBW-Lösung von innen und aussen scheuern. Ventile evtl. mit kleiner Bürste reinigen oder gar auseinandernehmen. 5 Dosierung: normal 7 - 14 g/1 L warmes Wasser, Intensivreinigung 21 g/1 L, bei  allen Temperaturen wirksam. 6 Einwirkungsdauer: 30 min lang einweichen lassen oder mit der warmen Mischung schrubben. Je nach Verschmutzungsgrad PBW-Lösung bis zu mehreren Stunden einwirken lassen.  7 Nachbehandlung: Gründlich nachspülen mit Wasser der gleichen Temperatur! Nachspülen mit Star San (1.5 mL/1 L Wasser) oder SaniClean (3 mL/1 L) bzw. gleichwertigem anderen Produkt.  8 Informationen:  Datenblatt. ReinigungsanleitungBezug.
  • One2Clean: 1 Inhaltsstoffe Natriumsulfat Na2SO4 (> 10 %), Dinatriumcarbonat (Natriumpercarbonat 2 Na2CO3 · 3 H2O2, > 10 %), Citronensäure C6H8O7 (> 1 %).   2 Wirkung: Multifunktionaler Spezialreiniger mit aktivem Sauerstoff (starkes Oxidationsmittel).   3 Einsatzbereich: für den gesamten Heimbraubedarf. Besonders gut geeignet für die Endreinigung von Brauzubehör und Abfüllgefässen. Fördert den Beginn der Gärung.  4 Vorbereitung/ Anwendung: grobe Verunreinigungen von sämtlichen Bestandteilen der Brauausrüstung mit warmem Wasser abspülen. Hände, Haut und Augen schützen.  5 Dosierung: 3 g, bei leichter Reinigung nur 1.5 g in ca. 1 L warmen Wasser auflösen.  6 Einwirkungsdauer: Kontaktzeit ca. 2 - 5 min.  7 Nachbehandlung: Nachspülen nicht nötig, da Lösungs-Rückstände unbedenklich (aber nicht trinkbar) sind.  8 Informationen:  Datenblatt. ReinigungsanleitungBezug DE.
Oxi-Reiniger.jpg

Abb. 11.  Oxidative Reiniger.

Chemipro OXI: Reinigung mit Aktivsauerstoff ohne Spülung.

Bier-Kwik: noch stärkerer Reinigungseffekt aber mit Spülung.

PBW: beliebtes Aktivsauerstoff-Allrounder-Reinigungsmittel.

saure Reiniger.jpg

Abb. 10. Saure Reiniger.

Chemiepro acid: flüssig.

Halacid S: fest.

Hygiene: Chemipro OXIO
Nachspüler.jpg

Abb. 12. Nachspüler.

Chemipro SAN: hochschäumender Spüler nach alkalischer Reinigung.

Star San HB: beliebter US-Spüler und Desinfektionsmittel bei pH-Werten < 3.5.

Saniclean: Klarspüler nach alkalischer Reinigung.

Nachspüler:
      Benzolsulfonsäure, Natrium-p-cumolsulfonat. 2 Wirkung:  hochschäumende,
      saure anionische Endspülung nach gründlicher Reinigung mit einem guten
      alkalischen Reinigungsmittel. 3 Einsatzbereich: reinigt Tanks und Geräte
      einwandfrei und verhindert die Ansammlung von Mineralien und ist nicht
      von organischer Verschmutzung betroffen; nicht geeignet für Weichmetalle.
      4 Vorbereitung/ Anwendung:  5 Dosierung: 1.5 bis 2.5 m/1 Liter Wasser (nicht
      mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln mischen, da sonst Chlorgas entsteht)
      6 Einwirkungsdauer: > 3 min Oberflächeneinwirkung; mit Tuch oder Schwamm
      auftragen, Sprühen auf die Oberfläche oder einweichen. 7 Nachbehandlung: 
      mit Trinkwasser nachspülen. 8 Informationen:  Datenblatt Bezug.
      Ethylenglycolmonobutylether,(= 2-Butoxyethanol), 2-Propyn-1-ol, compd
      with methyloxirane. 2 Wirkung:  schaumarme, saure anionische Endspülung
      nach gründlicher Reinigung mit einem guten alkalischen Reinigungsmittel.
      3 Einsatzbereich: reinigt Tanks und Geräte einwandfrei und verhindert die
      Ansammlung von Mineralien und ist nicht von organischer Verschmutzung
      betroffen; nicht geeignet für weiche Metalle. 4 Vorbereitung/Anwendung: 
      5 Dosierung: 2.5 bis 4 m/1 Liter Wasser (nicht mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln
      mischen, da sonst Chlorgas entsteht). 6 Einwirkungsdauer: > 3 min Oberflächeneinwirkung. 7 Nachbehandlung: mit Trinkwasser nachspülen.
      8 Informationen: Datenblatt Bezug.
 
  • Star San HB Five Star: 1 Inhaltsstoffe Phosphorsäure (45-55 %), Benzolsulfonsäure, 4-C10-13-Sec-Alkyl-Derivate C18H30O3S (Tensid, 10-20 %),  1,2-Propandiol (5-15 %). 2 Wirkung:  stark schäumender, saurer anionischer Klarspüler nach alkalischer Reinigung; verhindert die Ansammlung von Mineralien und ist nicht von organischer Verschmutzung betroffen. Desinfizierende Wirkung bei pH < 3.5 3 Einsatzbereich: für Gär- und Lagertanks und Braugerätschaften, nicht geeignet für weiche Metalle.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Verschmutzungen durch Abspülen oder Abschaben und evtl. durch vorangehendes Einweichen entfernen, oder besser mit gutem Reinigungsmittel vorbehandeln. Star San HB-Lösung mit Tuch, Schrubber, Schwamm oder durch Aufsprühen (aus 15 bis 20 cm Entfernung) oder Eintauchen auf die Oberfläche auftragen/verteilen oder einweichen.  5 Dosierung: 1.5 bis 2.5 mL/1 L Wasser (Vorsicht: niemals mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln mischen --> Gefahr der Chlorgasbildung! 6 Einwirkungsdauer:  >1 min;  7 Nachbehandlung: mit Wasser der gleichen Temperatur nachspülen. 8 Informationen: Datenblatt Bezug.
  • SaniClean Five Star: 1 Inhaltsstoffe Phosphorsäure, 9-Octadiensäure (Z)-, sulfoniert, Natriumsalze, 1,2-Propandiol. 2 Wirkung:  wenig schäumender, saurer anionischer Klarspüler nach alkalischer Reinigung; verhindert die Ansammlung von Mineralien und ist nicht von organischer Verschmutzung beeinträchtigt.  3 Einsatzbereich: für Gär- und Lagertanks und Braugerätschaften, nicht geeignet für weiche Metalle. 4 Vorbereitung/ Anwendung: gründliche Vorreinigung mit alkalischem Reinigungsmittel, z.B PWB. Mittels Sprühen oder Eintauchen auftragen.  5 Dosierung: 2.5 bis 4 mL/1 L Wasser (Vorsicht: niemals mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln mischen --> Gefahr der Chlorgasbildung! 6 Einwirkungsdauer:  >3 min.  7 Nachbehandlung: Nach Einwirkung SaniClean-Lösung ablaufen lassen und Materialien an der Luft trocknen. 8 Informationen: Datenblatt Bezug.
Reinigung_Biergläser.jpg

Abb. 13. Biergläser- und Flaschen-Spezialreiniger.

Von links nach rechts: 

EILFIX flüssig Gläserreiniger (Info)

Gläserspülbürsten (Info)

EILFIX Bürstenreiniger und Bierschleimlöser (Info)

DELFIN Bürstenreiniger und Gläserspülgeräte (Info)   

Reinigungsmittel DD (Abb. 13 rechts) für Flaschen (Info).

Spezialitätenreiniger:
​Neben den beschriebenen Reinigungsmitteln gibt es noch 
zusätzliche spezifische Mittel, z.B. für die Reinigung von
Biergläsern (Info), Bürstenreiniger (z.B. Delfin) und
Flaschenreinigungsmittel (Info).
Flaschenreinigungsmittel.jpg
3.4.4. Hilfsmittel zur Reinigung von Brauutensilien
​Darunter sind "mechanische" und "thermische" Hilfsmittel zum Einsatz
der Reinigungs- und Desinfektionsmittel zu verstehen. Dazu gehören
verschiedenste Arten von
  • mechanische Hilfsmittel: Bürsten, Reinigungsschwämme, Lappen,
       Reinigungstücher, Mikrofasertücher u.a. (Info)
  • mechanische Reinigungsgeräte: Flaschenspüler, Flaschenreinigungs-
       gerät, Flaschenhandbürste, Abtropfständer, Sprühflaschen, u.a. (Info)
  • thermische Hilfsmittel: Heizplatte mit Kochtopf oder Bechergläser,
       Tauchsieder.

Abb. 14. Mechanische Reinigungshilfsmittel.

Bürsten für verschiedenste Einsatzzwecke

(z.B. KEG-Reinigung, Braumeister, Glaswaren wie Reagenzgläser/Bechergläser) sowie Schwämme, Lappen und Microfasertücher.

mechanische Reinigungshilfsmittel.jpg
Handbürste_für_Bierflasche.jpg

Abb. 15. Mechanische Reinigung von Bierflaschen mit Edelstahlbürste.                                 

Durch Stossen und Ziehen am roten Kopf dreht und bewegt sich die Bürste im Innern der Flasche auf und ab.                            [Info]

Flaschenwaschgerät.jpg

Abb. 16. Flaschenwaschgerät: Drehung mittels Wasserdruck.

Der Wasserdruck des Wasserhahns bringt die Stahlbürste im Innern der Bierflasche zum Rotieren und durch gleichzeitiges Auf- und Abziehen wird auch die hartnäckigste Verschmutzung durch den ebenfalls im Röhrchen hochgedrückten Wasserstrahl gereinigt. [Info]

Flaschenspüler_Avinatore.jpg

Abb. 17. Flaschenspüler Avvinatore.

Durch Drücken der Flasche kann sowohl eine Wasch- oder Desinfektionslösung in die Flasche hinein gespritzt werden.              [Video    [Info]

Blast Flaschenreiniger.jpg

Abb. 18. Blast Flaschenreiniger.

Auf Flasche drücken: Effiziente Flaschenreinigung mit dem Druck der Wasserleitung.                               [Info]

Wasser Reinigungspistole Flaschen.jpg

Abb. 19. Wasserspritzpistole mit 6 verschiedenen Wasserstrahlarten zur Reinigung von Oberflächen.

Dank dem hohen Wasserdruck und scharfem Wasserstrahl lassen sich z.B. klebende Hopfenbestandteile und Treberreste sehr gut zur Vorreinigung von der Oberfläche ablösen.    [Info]

Bierglasreinigung.jpg

Abb. 20. Bierglasreinigung.

Mechanisch-chemische Reinigung im Bürstenreiniger durch Auf- und Abbewegung des Weizenbierglases. [Info]

Wärmequellen.jpg

Abb. 21. Wärmequellen Tauchsieder mit Thermometer im Becherglas und Heizplatte mit Kochtopf.

Tauchsieder sind sehr effiziente und rasche Wassererhitzer, um z.B. die geeignete Wassertemperatur zur Ansetzung einer Reinigungs-lösung zu erzielen.                                [Info Tauchsieder]   [Info Heizplatte]

4. DESINFEKTION   
4.1. Begriffsklärung Desinfektion gegen Sterilisation  sowie Abgrenzung der Notwendigkeit "Desinfektion oder Sterilisation?"         
Kontamination: Die von blossem Auge unsichtbaren unerwünschten Mikroorganismen, die auch als mikrobielle Kontaminanten oder einfach als Bierschädlinge bezeichnet werden, können sehr vielfältge und weitreichende Auswirkungen primär auf Bierwürze und selten auf Bier verursachen. Die mikrobiellen Auswirkungen durch Bakterien und wilde Hefen sind aber praktisch nur in der Kaltphase des Brauens wirksam, also nach dem Abkühlen des Suds (--> Anstellwürze) bis Ende der Gärung und Abfüllung in der Flasche (--> trinkfertiges Bier). Sämtliche Gerätschaften und evtl. Zutaten, die in den Kontakt mit den kalten Flüssigkeiten kommen, dürfen keine Keime mehr übertragen.
Anzeichen einer mikrobiellen Verunreinigung sind vielfältig und umfassen u.a. starke Nachgärung, Trübung, Schleimbildung, Bodensatz, Kahmhaut, verschiedenste Fehlaromen (z.B. Phenole, Buttersäure, Schwefelverbindungen) oder auch Säurebildung und evtl. Gushing.
Desinfektion (syn. Sanitisierung): Während Reinigungsmassnahmen die Substratgrundlagen zur Keimvermehrung inkl. Biofilmbildung entziehen und auch direkt zur Reduktion der Keimzahl dienen, hilft die Desinfektion der Inaktivierung von Mikroorganismen, sei es durch Abtötung oder Blockierung zellvermehrender Stoffwechselvorgänge. Das Resultat ist keine vollständige Elimination der Mikroben, sondern eine Reduktion auf ein vernachlässigbares Keimzahlniveau oder die spezifische Elimination der z.B. medizinisch oder lebensmitteltechnologisch unerwünschten Mikroorganismenspezies. Dazu gehören z.B. potenzielle Bierschädlinge wie Leuconostoc-Arten, Pediococcus-Arten, Lactobacillus-Arten, Essigsäure-Bildner, Kahmhefen, Brettanomyces-Arten und weitere indirekte Bierschädlinge wie Enterobacter-, Hafnia-, Citrobacter-, Serratia-, Pseudomonas-, Klebsiella-, Pichia-, Candida-, Kloeckera-, Zygosaccharomyces- sowie weitere Arten (cf. auch "Mikrobiologisches Braulabor II" > Braulabor 31: Nachweis mikrobieller Bierschädlinge, sowie "Brau-/ Bierfehler" hier).
Kurz: Desinfektion = Keimzahlerniedrigung unter Gefährdungs-/Schadenniveau.
Wichtig ist aber bereits hier zu vermerken: Die keimtötende bzw. keimreduzierende Wirkung der Desinfektionsmittel wird durch Verunreinigungen aufgehoben!
Sterilisation: Steril bedeutet einen von lebensfähigen Keimen befreiten Zustand, wobei unter "Keim" sämtliche Mikroorganismen und deren Sporen (Ruhestadien), aber auch Viren als nicht lebende Partikel verstanden
werden. Bis zum Kochen der Würze in der Würzepfanne (Sud) muss nicht
keimarm oder gar keimfrei gearbeitet werden, denn das Kochen bei knapp
unter 100 °C während 60 bis 90 min ist fast ein Sterilisationsverfahren, das
praktisch alle lebenden mikrobiellen Keime abtötet, ausser vielleicht einige
hitzebeständige Bakteriensporen. Von jetzt an aber, also vom whirlpoolen
und der Würzekühlung an und insbesondere bei der Anstellung mit Hefen
$muss optimalerweise steril, aber bestimmt möglichst Fremdkeimarm 
gearbeitet werden. Alle Gerätschaften im Kontakt mit der Anstellwürze oder
später müssen desinfiziert, also möglichst keimarm sein.
Steril im engeren Sinne müssen nur die "Werkzeuge" des "Braumikrobiologen"
sein, also wenn die Hefen selbst angezüchtet, in reinen Stammkulturen gehalten, zur Anstellung wiederum in Hefestarterkulturen vermehrt werden (vgl. Mikrobiologisches Braulabor I + Mikrobiologisches Braulabor II) und nach der Gärung die gärkräftigsten Hefen ("Oberzeug" und "Kernhefen") für eine weitere Gärverwendung geerntet und gelagert werden ("Wiederbelebung", Info1), Info2).
Wenn Hefen "fixfertig" als Flüssighefen oder Trockenhefen jeweils gekauft
werden, braucht es wenige mikrobiologische Sorgfaltsregeln (cf. "Braulabor 6
Minimaltechniken" hier). Aber bereits eine Hefestarterkultur sollte unter fast
sterilen Bedingungen angelegt werden (d.h. z.B. mindestens Auskochen der
Glaswaren, Desinfektion der Hefebeutel inkl. Schere zum Öffnen der Beutel,
Verschlussmaterial des Hefe-Anzuchtgefässes (z.B. Aluminiumkappe,
Wattepfropfen), evtl. Magnetrührer oder Sterilfilter zur Belüftung.
(cf. "Braulabor 20 - Hefestarter - Hefepropagation" hier); stark vereinfachte
Video-Anleitung hier).
cold_hotside of brewing.jpg

Abb. 22. Heisse und kalte Phase (syn. Warm-/Kaltbereich)  beim Bierbrauen.

Rote ("heisse Phase"): Maischen, Läutern und Würzekochen - hier muss sauber, aber nicht unbedingt keimarm bzw. desinfiziert gearbeitet werden.

Blaue ("kalte") Phase: Kühlung, Gärung, Reifen, Lagern, Abfüllung - hier muss unbedingt keimarm, also mit desinfizierten (oder auch abgekochten) Brauutensilien gearbeitet werden, nicht aber steril.

Steril: Hefeanzucht, Stammhaltung, Hefestarter und Hefegabe muss möglichst fremdkeimfrei, optimal also steril gearbeitet werden.

Stammkulturen.jpg

Abb. 23. Braumikrobiologie: Bsp. Hefe-Stammkulturen.

Das Anlegen einer Hefestammkultur erfordert höchste Hygiene, also sterile Arbeitstechniken: sterile Nährmedien, Glasgefässe, Impföse u.a. --> mehr Info hier.

4.2. Desinfektionsverfahren
Die Desinfektion dient der Inaktivierung von unerwünschten Mikroorganismen. Im Brauwesen sollen insbesondere diejenigen Keime eliminiert werden, die Würze-/Bierinfektionen hervorrufen oder Verderbsprozesse wie Fehlaromen auslösen. Eine vollständige Keimfreiheit der behandelten Gegenstände wird mit Desinfektionsverfahren nicht erreicht, ist aber in den allermeisten Fällen auch nicht notwendig.
Gereinigte und saubere Oberflächen sind eine wichtige Voraussetztung für eine wirkungsvolle Desinfektion, da Schutz die Keiminaktivierung torpedieren kann! Keime innerhalb von Schmutz- und Fettpartikeln sind weitestgehend geschützt und werden im Desinfektioinsverfahren nur unzureichend inaktiviert oder abgetötet. Daher gilt für die Praxis: nur gereinigte Brauutensilien können wirkungsvoll desinfiziert werden.
 
Man unterscheidet prinzipiell zwischen physikalischen und chemischen Desinfektionsverfahren. Das brautechnisch notwendige Wirkungsspektrum umfasst bakterizide und fungizide Wirkungen (Abtötung vegetativer Bakterien und Pilze) und viruzide Wirkung (Inaktivierung vion Viren), wobei für den Heimbrauer nur die ersteren beiden von Bedeutung sind.
4.2.1. Physikalische Desinfektionsverfahren
Die Temperaturspanne der Mikroorganismen reicht von ca. -12 °C bis über 115 °C, die Variationsbreite ist gross. Beispiele: Pseudomonas fluorescens weist bei 5 °C immer noch eine Verdopplungszeit von 250 - 500 min auf; Staphylococcus aureus bei 37 °C 27 min und Bacillus stearothermophilus bei 60 °C nur 10 min. Die meisten Mikroorganismen sind psychrotolerant, d.h. sie können sowohl bei mittleren als auch bei kalten Temperaturen wachsen (3 - 35 °C).  Bei höheren Temperaturen, über der sog. Maximaltemperatur  von 10 bis 30 °C über dem Wachstumsmaximum kommt es verstärkt zur Zerstörung von Proteinen und Schäden an der Zellmembran. Enzyme denaturieren und verlieren ihre Funktionsfähigkeit und damit bricht der Stoffwechsel zusammen.  
 
Die physikalischen  Desinfektionsverfahren umfassen 1. Thermische Desinfektion und 2. Kurzwellige UV-Bestrahlung.
1. Thermische Desinfektion.
Mikroorganismen werden bei hohen Temperaturen irreversibel geschädigt oder gar abgetötet. Die Temperaturspanne der Mikroorganismen reicht von ca. -12 °C bis über 115 °C, die Variationsbreite ist gross. Beispiele: Pseudomonas fluorescens weist bei 5 °C immer noch eine Verdopplungszeit von 250 - 500 min auf; Staphylococcus aureus bei 37 °C 27 min und Bacillus stearothermophilus bei 60 °C nur 10 min. Bei höheren Temperaturen, über der sog. Maximaltemperatur von 10 bis 30 °C über dem Wachstumsmaximum kommt es verstärkt zur Zerstörung von Proteinen und Schäden an der Zellmembran. Enzyme denaturieren und verlieren ihre Funktionsfähigkeit und damit bricht der Stoffwechsel zusammen.  
Neben der Höhe der Temperatur bestimmt auch die Zeitdauer der Hitzeeinwirkung das Ausmass der Inaktivierung der Keime.

 

 

Oberflächenkontamination.jpg

Abb. 24. Reinigung: Voraussetzung für eine gelingende Desinfektion.

Ein mikroskopischer Blick auf die Oberfläche von Gegenständen mit Lebensmittelkontakt und insbesondere auf die  menschliche Haut würde enthüllen, wie reich sie mit Mikroorganismen beladen sind. Reinigen entfernt nährstoffreichen Schmutz und ebenso mikrobielle Mikrokolonien darin.

Zur thermischen Desinfektion gehören:
  • Verbrennen: z.B. Einweggeräte wie Kunststoff-Impfösen, Einweghandschuhe, Gesichtsmasken, Abfälle. Eingepackt in einen Vernichtungsbeutel oder einen Plastikbeutel mit Zipverschluss werden die zu entsorgenden Materialien dann dem üblichen Kehrichtsack übergeben, der schlussendlich in der Kehrichtverbrennungsanlage verbrannt wird.
  • Pasteurisieren: durch kurzzeitiges traditionelles 30 bis 50-Sekunden-Verfahren (Kurzzeiterhitzungsanlagen [KZE], 68 bis 72 °C), in der Tunnelpasteurisation (Flaschen und Dosen, 60°C, 20 min, dann Abkühlung auf 25-30 °C) oder sogar als "Express Pasteurisation" (Info). Pasteurisierung ist allerdings für den Heimbrauer apparativ kaum möglich.
  • Ausspülen: Beim Abspülen von Objekten und Flächen mit stark erhitztem Wasser von mindestens einer Temperatur von über 90 °C ist es möglich, bei einer ausreichenden Einwirkzeit (7 - 20 min) bestimmte Mikroorganismen zu inaktivieren.
  • Auskochen: eine gründliche Reinigung ist beim Auskochen ebenfalls unentbehrlich, weil sich bei höheren Temperaturen Schmutzrückstände  - besonders Eiweisse -  in nur noch schwer ablösbare Substanzen umwandeln. Kleinere Arbeitsgeräte wie Scheren, Spatel, Löffel, kleinere Behälter, Glaswaren, hitzebeständige Kunststoffe wie Becher oder Schläuche könne durch Eintauchen in Wasser von > 82 °C während mehrerer Minuten desinfiziert werden. Richtwert: im kochenden Wasser mindestens 3 bis 5 min! Thermophile Mikroorganismen und Bakteriensporen können überleben. Das Wasser darf dabei aber nicht abkühlen, sondern muss laufend nacherhitzt werden. Vorsicht: Hitzebeständigkeit des Materials beachten!
Entsorgung_Hygieneabfall.jpg

Abb. 25. Hygienisch belasteten Abfall entsorgen.

Verbrennung ist eine physikalisch-thermische Desinfektion, geeignet für hygienisch belastete Einwegmaterialien.

Bsp. hier: Einweghandschuhe, Gesichtsmaske (beim Überimpfen von Hefekulturen getragen), Petrischale mit verpilzten Hefekolonien (vorher 24 Std. mit 70%-Ethanol überschichtet). Das gesamte zu entsorgende Material kommt zunächst in einen Vernichtungsbeutel* und erst dann in den normalen Kehrichtsack, der in die Kehrichtverbrennungsanlage kommt.

*statt Vernichtungsbeutel eignet sich auch ein sog. PET-Bratschlauch (z.B. Toppits Bratschlauch). Dieses Material ist sogar autoklavierbar.

Desinfektion durch Auskochen.jpg

Abb. 26. Auskochen als thermische Desinfektion.       --> siehe auch Abb. 21: Tauchsieder

Auf einer Heizplatte (oder Kochherd) lassen sich in einer Kochpfanne in heissem Wasser (zwischen 75 und 95 °C metallische Utensilien (Spatel, Polylöffel, Suppenlöffel etc.), Glaswaren (Erlenmeyerkolben, Becherglas, Konfitürenglas mit Deckel, Reagenzgläser), Kunststoffbehälter u.v.m. sehr einfach und chemikalienfrei desinfizieren.

Auch Nährlösungen/Anstellwürze (für Hefestarter) lassen sich so (mindestens) keimarm, aber nicht steril herstellen.

Notwendige Kochzeiten: Gegenstände > 5 - 30 min.  Flüssigkeiten: 10-15 min.

  • Dampfdesinfektion: über offenen Kochtöpfen muss heisser Wasserdampf relativ lange einwirken können, bis die Gerätschaften eine genügend hohe Temperatur erreichen. Anders ist die Situation in geschlossenen Behältern: hier wird in den meisten Fällen eine Temperatur von 121 °C erreicht (1.8 bar Absolut-Druck, d. h. 0.8 bar Überdruck --> siehe Sterilisation im Dampfkochtop/Schnellkochtopf).
  • Trockene Hitze: Der Backofen kann auch zur Desinfektion benutzt werden, z.B. für Metallteile, Laborglaswaren (Bechergläser, Erlenmeyerkolben, Reagenzgläser) und auch bedingt Bierflaschen. Richtwerte für Metalle und Laborglaswaren (Pyrex-/DURAN/-Jenaer Glas-Qualität [Borosilikatglas]): 150 - 160 °C, 30 min, am besten mit der Funktion "Heissluft mit Beschwaden" [Dampf], Öffnungen der Gefässe mit Alufolie abgedeckt.
       Bierflaschen: keine Bügelflaschen, aber neuwertige (d.h. in Bierbrau-Zubehörshop gekaufte) Flaschen können - trotz häufigem Abraten (z.B. Brücklmeier,
       2018, S. 426 oder mashcamp) meiner Erfahrung nach problemlos thermisch sanft desinfiziert werden ([Kalknatronglas]. Verfahren: ca. 5 mL  steriles
       (bzw. abgekochtes) Wasser in Bierflasche geben (--> effizientere Hitzeübertragung!), Flaschenöffnung mit Alufolie dicht abdecken, in kalten (!) Backofen
       stellen, langsam erhitzen, 15 - 20 min auf 65-70 °C bis max. 120 °C erhitzen, dann im Backofen wieder abkühlen lassen*). Auch der US-Tophobbybrauer
       John J. Palmer (erfolgreich Bier brauen, 2019, S. 50) ist sogar einer weniger sanften "Backmethode" von Bierflaschen nicht abgeneigt! Er führt
      Temperaturen von 121 °C bis sogar  170 °C an, erwähnt aber langsames Erhitzen und Abkühlen, um einen Temperaturschock zu vermeiden. Härter geht
      der in der USA lebende deutschstämmige Autor Brücklmeier (Bier Brauen, 2018) mit den Bierflaschenbackern ins Gericht (cf. hier).
       *Hinweis: Für eine wirksame Pasteurisation von Bier sind 14 bis 15 Pasteurisationseinheiten PE erforderlich [Quelle: Kunze, S. 527 (2016)]. Unter einer PE versteht man eine
        Heisshaltezeit von 1 min bei 60 °C. Sie errechnet sich nach folgender Formel: PE = Zeit x 1.393^(Temperatur im Erhitzer - 60 Grad Celsius). Mit dem Rechner hier (> "Berechnung
        der PE für Bier") lassen sich die PE als Funktion von Zeit und Temperatur einfach berechnen. Beispiele: 60 °C, 15 min --> 15 PE;  65 °C, 15 min --> 78.7 PE; 70 °C, 15 min --> 412.7 PE.
        Vorläufige mikrobiologische Vorversuche zeigen aber, dass immer noch Keime in der Bierflasche nachzuweisen sind. Die Auswirkung höherer Temperaturen um 120 °C werden im
        Moment erprobt. Versuchsreihe abgeschlossen --> cf. Versuchsätze, Ergebnisse.
  • Filtration: dient der Abtrennung von Mikroorganismen aus Flüssigkeiten oder Gasen (Luft) durch entsprechende Filter mit dem Ziel, keimarmes partikelfreies oder gar steriles Filtrat zu erhalten. Genauere Beschreibung: cf. Sterilfiltration.
trockene Hitze
Bierflaschen trockene Hitze
UVC-Bestrahlung
2. Desinfektion durch kurzwellige UV-Strahlen
Kurzwellige UV-Strahlung wird von der Erbsubstanz DNA der Mikroorganismen
absorbiert, die bei einer genügend hohen Dosis zerstört wird. Bei der UV-Bestrahlung
sterben Bakterien zuerst ab, die Sporen von Pilzen und Bakterien erst später. Die
kurzwellige 200-275 nm-UV-Strahlung kann zur Desinfektion von Oberflächen
eingesetzt werden, wobei allerdings die Eindringtiefe der Strahlung gering ist und nur direkt bestrahlte Flächen ausreichend behandelt sind.
In Abfüllräumen für Getränke wie Bier kann die Luft in Abwesenheit von Personen mit UV-Licht entkeimt werden.
Trockene UV-Desinfektion:                                         [siehe auch: UV-Sterilisation hier]
Gerätschaften: Sterilisations-Box Puluz (Gegenstände in Box 30x30x30 cm platzieren, 15, 30 oder 60 min-UV-Timer [Info]), Sterilisierstab Yardwe (UV-Desinfektionsstab über den zu desinfizierenden Gegenstand oder Oberfläche langsam, mehrmals hin und her streichen, 20-30 Sekunden reichen aus um den Gegenstand komplett zu desinfizieren [Info]).
UV-Box_UV-Stab.jpg

Abb. 27. Desinfektion mit UV-Strahlen.

Sowohl mit der UV-Box wie auch mit dem UV-Stab können rasch und chemikalienfrei glatte Oberflächen entkeimt werden.

UV-Box: 2 UV-Lampen mit regelbarer Intensität, Desinfektionszeit 15, 30 oder 60 min wählbar. Deckel wird zur Bestrahlung umgeklappt.

UV-Stab: 1-10 cm Abstand, 30 sec bis 3 min Bestrahlung.

4.2.2. Chemische Desinfektion: Desinfektionsmittel und Desinfektionsverfahren                                                                                   [Info]

Einsatzbereich:

Chemische Desinfektionsmittel und Desinfektionsverfahren sind geeignet für die

  • Hautdesinfektion (z.B. Hände)

  • Fliesswegdesinfektion (geschlossene Leitungssysteme und Behälter)

  • Flächen-/Oberflächen- und Umgebungsdesinfektion (Wischdesinfektion offener Flächen und Behälter/Gärtanks; Brauutensilien eingetaucht oder besprüht mit flüssigen Desinfektionsmitteln)

  • Wasserdesinfektion (z.B. Trinkwasser, Waschwasser).

Eingesetzt werden gasförmige Desinfektionsmittel (Ozon O3 und Chlor Cl2 für Trink- und Badewasser), im Braukeller allerdings nur flüssige Desinfektionsmittel mit einzelnen oder kombinierten Wirkstoffen wie Alkohole (Ethanol, Propanole, Info2), Aldehyde, Halogene, Phenolderivate oder oberflächenaktive Stoffe (z.B.  quartäre Ammoniumverbindungen).

Wirkungsweise:

Desinfektionsmittel wirken denaturierend, d.h. sie verändern die eiweisshaltigen Strukturen der Mikroorganismen und zerstören sie somit. Einige Desinfektionsmittel schädigen zusätzlich die Lipidmembranen (z. B. die Hülle der Viren) oder die Nukleinsäuren (Erbsubstanz) der Keime. Neben dem spezifischen Wirkstoff verfügen Desinfektionsmittel über sogenannte Hilfsstoffe, die dafür sorgen, dass der Wirkstoff an den Wirkungsort gelangen kann. Anhand der Wirkungsweisen lassen sich Desinfektionsmittel in nachfolgende Kategorien einteilen:

  • Proteindenaturierung - Wirkstoffe Aldehyde oder Alkohole enthalten, in alkalischem und saurem Medium

  • Oxidation - z.B. Wasserstoffperoxid spaltet Elektronen aus den Keimen ab

  • Senkung der Oberflächenspannung - durch Pheolverbindungen

  • Enzymhemmungen - z.B. durch Schwermetallverbindungen

  • Veränderung der Nukleinsäuren - Peroxidcarbonsäuren  als Oxidationsmittel verändern DNA

Desinfektionsmittel unterscheiden sich in den folgenden Kriterien:

  • Wirkungsspektrum: bakterizid - bakteriostatisch/ fungizid - fungistatisch/ viruzid - virustatisch/

       sporizid  (Info)

  • Materialverträglichkeit, Gesundheits- und Umweltbelastungen

  • Wirksamkeit

Effektivität (Wirksamkeit):

Die Wirksamkeit der Desinfektionsmittel ist abhängig von Wirkungsspektrum, Einwirkungsdauer

(30 sec bis einige Std.), Konzentration, pH-Optimum, Temperatur, Stabilität, Haltbarkeit, Feuchtigkeit,

Oberflächenbeschaffenheit, Wirkungsbeeinträchtigung durch niedrige Temperaturen (Kältefehler),

Tenside von Reinigungsmitteln ("Seifenfehler"), Proteine ("Eiweissfehler"), Katalysatoren und

Schmutz (Info > S. 2).

  

Wirkungsspektrum Desinfektionswirkstoffe

Abb. 28. Wirkungsspektrum wichtiger Desinfektionsmittel.

                  [Quelle: Dott 2010 aus Baschien, 2011]

Desinfektionsmittel: Wirkstoffe und Anwendung mit Schwerpunkt Brauwesen

Die folgende Tabelle ist eine Zusammenstellung der wichtigsten Wirkstoffe in chemischen Desinfektionsmitteln und deren Hauptanwendungsgebiete im Brauwesen.

Desinfektionsmittel summary.jpg

Abb. 29. Desinfektionsmittel.

Wichtigste Wirkstoffgruppen und Anwendungsbereiche im Brau-gewerbe.

Für den Heimbrauer hauptsächlich geeignete Wirkstoffe sind farbig markiert.

Bei der Auswahl geeigneter Desinfektionsmittel (und Reinigungsmittel)  für die eigenen Bedürfnisse und unter Berücksichtigung der Materialqualität der Brauausrüstung helfen die Informationen der Tabellen Abb. 30 (Bewertungskriterien) und Abb. 31 (Materialverträglichkeit).

Desinfektionsmittel Vergleich.jpg

Abb. 30. Desinfektions-wirkstoffe im Vergleich.

Alkohole und Kombimittel S003 [Sanosil: Wirkstoffe Wasserstoffperoxid (1.5%) und Silber (<0.1%)] sind gut geeignete Desinfektions-mittel auch für den Heim-braubereich.

[Quelle: Sanosil]

Abb. 31. Typische

Materialien im

Brauwesen.

Verträglichkeit gegenüber

Inhaltsstoffen in

Reinigungs- und Desinfektionsmitteln.

[Quelle: Brücklmeier, 2018,

S. 427, mod.] 

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Empfehlungen zur Wahl von Reinigungsmitteln: Edelstahl - Citronensäure, Reiniger auf Percarbonatbasis (chlorhaltige nur kurz einwirken

lassen). Kupfer: Reiniger auf Natriumpercarbonatbasis. Messing: cf. Kupfer. Aluminium: Citronensäure, Backpulverpaste.

 

Desinfektionsmittel: kurze Charakterisierung der wichtigsten Wirkstoffe inkl. kommerzieller Produkte für den Heimbraubereich

Neben Hitze als rückstandsfreie Methode sind vier Wirkstoffgruppen für den Hobbybrauer von Bedeutung:

Materialienbeständigkeit_Desinfektionsm
  • 1  ALKOHOLE: Alkohole sind sehr wirkungsvoll und haben eine schnelle Mikroorganismen tötende Wirkung (mikrobiozid) durch die Zerstörung (= Denaturierung) von Proteinen und schädigt insbesondere die Membranen der Mikroben. Alkohole eignen sich ebenfalls für die 

      Händedesinfektion und die rückstandsfreie Flächendesinfektion. Nachteile: brennbar --> nur

      kleinere Flächen behandelbar, leicht flüchtig, Dämpfe Explosionsgefahr, unwirksam gegen

      Sporen.

      Verwendete Alkohole: 1. Ethanol C2H5OH oder C2H6O [syn. Äthanol, umgangssprachlich

      Alkohol, Weingeist, Spiritus]. 2. Propanole (1-Propanol [C3H8O oder C3H7OH] und 2-Propanol),

      syn. Isopropanol [C3H8O] (Info).

      Konzentration: Optimale Wirkung bei Konzentration von 60–70 % (reiner Alkohol wird nicht so

      gut in die Zelle aufgenommen, was insbesondere ein Überleben der grampositiven Bakterien

      begünstigt. Bakteriensporen keimen nicht in reinem Ethanol, wohl aber bei einem Wassergehalt

      von 30 bis 40%!

Empfohlene Mischungen für alle Brauutensilien inkl. Gärbehälter/Fermenter:

  1. Ethanol: 700 mL Ethanol (EtOH, 96% v/v) mit dest./ention. Wasser auf 1000 mL

       auffüllen (= 70 % v/v).

   2. Ethanol/Propanol-Mischung: 625 mL EtOH (96 % v/v) + 75 mL Isopropanol

       (99.8 % v/v) auf 1000 mL mit dest./ention. Wasser auffüllen (= 70 % v/v).

   3. Propanol: 650 mL Isopropanol (99.8 % v/v) auf 1000 mL mit dest./ention.

       Wasser auffüllen (65 % v/v).

Nur für Händedesinfektion:

hautschonende Mischung: 100 mL  (= 86.15 g) (bzw. 192* mL = 165.4 g)

abgekochtes dest./ention. Wasser  +  833 mL Ethanol (96 % v/v = 672.8 g)

oder 751.5 mL Isopropanol* (99.8 % v/v = 590.3 g)  +  41.7 mL Wasserstoff-

peroxid H2O2 (3 % v/v = 42.2 g)  +  14.5 mL Glycerin (Propan-1,2,3-triol, syn.

Glycerol, C3H8O3, 98 % v/v = 18.3 g) --> 782 Std. warten, dann einsatzbereit

(Info: empfohlene Rezepturen).

Anwendung: 3 mL, 30 sec im Haushalt- und Gärlaborbereich.

[*: bei Verwendung von Isopropanol]

Tipp: statt teures Ethanol aus Apotheke/Drogerien genügt es, Brennsprit (= Ethanol, vergällt

mit Methanol) zu verwenden.                                                                                                      [Info]

Propanol Ethanol.jpg

Abb. 32. Alkohole als Desinfektionsmittel.

1: Ethanol.  2: 1-Propanol.  3: 2-Propanol (= Iso-Propanol, Propan-2-ol).

Desinfektionsmittel_homemade.jpg
Hygiene: Alkohol
Alkohol-Desinfektionsmittel

Abb. 33. Desinfektionsmittel für Brauutensilien und Händedesinfektion.

li: zwei selbstgemachte Allzweck-Desinfektionsmittel aus Alkoholmischungen sowie ein Hand-Desinfektionsgel nach der WHO-Rezeptur.

re: Händedesinfektionsgel selbstgemacht und kommerziell (Sterillium Gel).

Alkoholische kommerzielle Desinfektionsmittel für Heimbrauer

  • Halades alco:

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: 2-Propanol (Isopropanol, 631 g/kg), dest. Wasser.    2 Eigenschaften: Sporenfrei gefiltertes Desinfektionsmittel. Universelles

        Desinfektionsmittelkonzentrat für die Brauwirtschaft.  3 Einsatzbereich: Sprühdesinfektionsmittel für Maschinen- und Kleinteile, Verschraubungen,

        Gerätschaften, Arbeitstische, etc. Temperaturen 10-20 °C.    4 Dosierung: Konzentrat aufsprühen, 0.05L pro m2.   5 Einwirkzeit: für Flächendesinfektion

        1 min bei 20 °C, 2 min bei 10 °C.  6 Nachspülung: keine Nachspülung erforderlich.  7 Informationen: Produktbeschreibung    Sicherheitsdatenblatt   Bezug.

        Nachspülung notwendig.

  • ECOLAB P3-alcodes:

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: Ethanol, Propan-2-ol (zw. 3-5%), Glutaraldehyd (< 0.1 %).  2 Eigenschaften: Desinfektionsmittel für korrosions-/wasserempfindliche

       Flächen, für bereits gereinigte Flächen, schnelle Abtötung branchenspezifischer Schadkeime. Gute Benetzung der Oberflächen.  3 Einsatzbereich:

       Desinfektion von kleinen Oberflächen in der Lebensmittelindustrie allgemein, alle Braumaterialien.  4 Dosierung: P3-alcodes in unverdünnter Form zur

       Desinfektion anwenden. Abstand bei Besprühen zur Oberfläche 0.30 m, Praxis- Richtwert: 40 - 50 mL /m2   5 Einwirkzeit: einige Minuten einwirken lassen.

       6 Nachspülung: Nachspülung mit Wasser erforderlich.  7 Informationen: Produktbeschrieb   Sicherheitsdatenblatt   Bezug: Bsp. 1   Bsp. 2

 

  • Bier-Kwik-Sprühdesinfektion:

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: Ethanol (55 g/100 g).  2 Eigenschaften: Desinfektionsspray zur Schnelldesinfektion.  3 Einsatzbereich: Arbeitsflächen, Maschinen

       und Gegenständen bei der Lebensmittelherstellung. Vor der Desinfektion müssen Oberflächen und Gerätschaften gründlich gereinigt werden oder

       sauber sein.   4 Dosierung: in unverdünnter Form zur Desinfektion anwenden.  5 Einwirkzeit: 15 - 20 sec.  6 Nachspülung: keine Nachspülung erforderlich. 

       7 Informationen: Produktbeschrieb   Sicherheitsdatenblatt   Bezug 

 

  • 2  AKTIVE SAUERSTOFFVERBINDUNGEN - PER-Verbindungen: Peroxidhaltige Desinfektionsmittel im Nahrungsmittelgewerbe inkl. Brauereien enthalten Substanzen, die im Kontakt mit Wasser in Sauerstoff und Wasser zerfallen: 2 H2O2  -->  2 H2O  +  O2. Die kräftige Wirkung beruht auf den als Zwischenprodukte entstehenden Hydroxyl-Radikale (OH-Radikal, HO·),  bestehend aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom. Als Radikal besitzt es ein einzelnes, ungepaartes Elektron .  und ist somit äusserst reaktiv, da ihm ein Elektron fehlt. Diese fehlende Elektronen entreisst es nun ihrem "Reaktionspartner", im Kontakt mit Mikroorganismen nun eben diesen. Das hat zur Folge, dass durch diese Oxidation irreversible Schäden entstehen, auch im Erbgut DNA, welche schlussendlich die Reparaturmechanismen der Mikroben überfordern: Der Stoffwechsel bricht zusammen, es kommt zum Zelltod.

       Die Wirkung bzw. Stärke von Oxidationsmitteln kann mit dem sog. Standardelektrodenpotential E° [V] gemessen werden: Je höher das Standard-

       elektrodenpotential ist, desto stärker sind die oxidativen Eigenschaften und damit deren zerstörerische Wirkung. Zum Vergleich: Sauerstoff O2 +1.23,

       Wasserstoffperoxid H2O2  +1.77, Ozon O3 +2.07, atomarer Sauerstoff +2.42, Hydroxylradikale (OH-Radikal OH.) + 2.80 [V].

      Vor- und Nachteile: Pro: breites Wirkungsspektrum, wasserlöslich, relativ pH- und temperaturunabhängig, günstiges Umweltverhalten. Contra: Gefahr  der

      Selbstzersetzung (Lagerung), Reizwirkung, stechender Geruch, z.T. gesundheitliche Beschwerden auslösend.

      Verwendete Chemikalien:

      1. Wasserstoffperoxid H2O2: Es ist desinfizierend, antibakteriell, oxidierend, bleichend und geruchsbeseitigend. Konzentrierte Lösungen sind reizend und

          gesundheitsschädlich. Zahlreiche Anwendungen im Haushalt (Info).  

      2. Per(oxy)essigsäure C2H4O3: werden überwiegend in der Raum- und Flächendesinfektion eingesetzt. 

      3. Kaliumperoxomonosulfat KHSO5 bzw. H3K5O18S4 (Aktivsauerstoff-Granulat), syn. Pentakalium-bis(peroxymonosulfat)-bis(sulfat); unter dem Namen

          Oxone oder Caroat wird auch das Triplesalz aus Kaliumperoxomonosulfat, Kaliumhydrogensulfat und Kaliumsulfat 2KHSO5·KHSO4·K2SO4 vertrieben.

          Oxidationsreagenz, als Desinfektionsmittel z.B. in Schwimmbädern, der Medizin und in der Wasseraufbereitung eingesetzt (Info).

      4. Ozon O3: Ozon ist in wässriger Lösung und bei hoher Luftfeuchtigkeit gegen sämtliche Bakterien, Viren, Pilze und sogar gegen Sporen wirksam. In

         trockener Luft hat es dagegen keinerlei Einfluss auf die Keimreduzierung. Verwendung nur in Profibrauereien, nicht im Hobbybereich (Info > Video).

      Konzentration: Wasserstoffperoxid (H2O2) als 12 %-, 10 %-, 9 %-, 6 %-, oder 3 %-ige Lösung (Info). Bei manuellen Desinfektionsvorgängen u.a. in

      Brauereien zur Entkeimung von Bändern, Anlagenteilen per Sprühlanzen oder Hochdruckdüsen (20 bar, 60°C): Anwendungskonzentration bis zu 0.15 %

      H2O2. Im Heimbereich kommen nur maximal 3 %-ige Lösungen zum Einsatz unter entsprechenden Sicherheitsmassnahmen (Einmal-Handschuhe,

      Schutzbrille, Sprühnebel nicht einatmen).

       Temperatur: optimale Wirkung in einem Temperaturbereich von 40-50 °C.

Aktiv-Sauerstoff:  Peroxide (Sauerstoffabspalter) für Heimbrauer

  • Wasserstoffperoxid:

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: H2O2, dest./ention. H2O, z.T. Phosphonsäure (= phosphorige

       Säure, H3PO3, als Stabilisator)    2 Eigenschaften: starkes Desinfektionsmittel,

       oxidierend, bleichend, rückstandsfrei (Zerfall: 2 H2O2 --> 2 H2O  +  O2). Es reagiert

       beim Kontakt mit oxidierbaren, organischen Substanzen oder Metallen (z.B. Kupfer,

       Eisen) und in alkalischer Lösung. Konzentrierte Lösungen sind reizend und

       gesundheitsschädlich.   3 Einsatzbereich: Oberflächen innen und aussen. 

       4 Vorbereitung/ Anwendung: zu behandelnde Flächen/Gegenstände müssen gereinigt

       bzw. sauber sein. Vorsichtig aus Sprühflasche dichten Flüssigkeitsnebel auf

       Oberflächen/Gegenstände sprayen. Einweghandschuhe, Gesichtsmaske und

       Schutzbrille tragen.  5 Dosierung: 1.5-3 % v/v, verteilen mittels Sprühflasche. Vorsicht

       vor Restmengen in Gefässen wie Fermenter, die durch den freiwerdenden

       Sauerstoff das Bier oxidieren können.   6 Einwirkzeit:  bis Flüssigkeitsfilm selbst

       verdunstet.  7 Nachbehandlung: Spülung nicht notwendig.  8 Informationen: 

       Produktbeschreibung    Sicherheitsdatenblatt   zusätzliche Sicherheitshinweise

       Bezug: Apotheke, Drogerie, Chemikalienhandel, selbst verdünnen, oder käuflich z.B.

       hier oder hier.     

  • Peressigsäure (PES):                                                                                                           (Info)

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe:  C2H4O32 Eigenschaften: Als Oxidations- und Desinfektions-

       mittel mit scharfem Geruch ist Peressigsäure eine Gleichgewichtsmischung aus

       Peressigsäure, Wasserstoffperoxid, Essigsäure und Wasser gemäss der folgenden

       Gleichung:  CH3 COOH + H2O2 ↔  CH3CO-OOH + H2O. Die Zersetzung wird durch

       höhere Temperaturen und Verunreinigungen beschleunigt, insbesondere durch

       Schwermetalle wie Eisen, Kupfer und Mangan. Es ist daher ratsam, Peressigsäure kühl

       zu lagern und, falls eine Verdünnung erforderlich ist, diese mit geeignetem Wasser

       und nur unmittelbar vor der Anwendung vorzunehmen. Stark haut- und augenreizend

       3 Einsatzbereich: hohes Oxidationspotenzial, daher ein hohes Wirkungsspektrum

       gegenüber Hefen, Schimmelpilzen, Bakteriophagen und Sporen bildenden Bakterien

       und damit ein breite Anwendung im Lebensmittel- und Geränkebereich: Füllbereich

       Grossbrauereien, CIP (Cleaning in Place), Entfernung von Biofilmen, allgemein

       Oberflächen.  4 Vorbereitung/ Anwendung: zu behandelnde Flächen/Gegenstände

       müssen gereinigt bzw. sauber sein. Vorsichtig aus Sprühflasche dichten 

       Flüssigkeitsnebel auf Oberflächen/Gegenstände sprayen. Einweghandschuhe,

       Gesichtsmaske und Schutzbrille tragen (Gefahr von Haut- und Schleimhaut-

       irritationen).  5 Dosierung: bereits in geringer Konzentration wirksam: 0.2 - 1.0 %.  

       6 Einwirkzeit:  bis Flüssigkeitsfilm selbst verdunstet.  7 Nachbehandlung: Keine

       Nachspülung notwendig.  8 Informationen:    Produktbeschreibung  

       Sicherheitsdatenblatt   Bezug: cf. kommerzielle Produkte.

  • Kaliumperoxomonosulfat (KPS):

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: 2KHSO5·KHSO4·K2SO4 (= H3K5O18S4).  2 Eigenschaften:

       starkes anorganisches Oxidationsreagenz  mit einer dem Chlor vergleichbaren

      Desinfektionskraft, aber geruchslos. Nicht korrosiv, nicht reizend, biologisch abbaubar.

       Gegen Bakterien, Schimmelpilze, Hefen, Viren u.a. wirksam. Gute Biofilmentfernung.

       3 Einsatzbereich: zur Desinfektion im medizinischen wie Wasserhygienebereich.   

       4 Vorbereitung/ Anwendung: zu behandelnde Flächen/Gegenstände müssen

       vorgereinigt bzw. sauber sein. Mit wässriger (pH 7.0-7.4) KPS-Lösung füllen bzw.

       Gegenstände darin baden. 5 Dosierung:  ≥ 0.02 g/1 L Wasser. Häufig mit Sauerstoff-

       Aktivator (polymeres quaternäres Ammoniumchlorid: N-Methylmethanamin) [Info])

       eingesetzt.  6 Einwirkzeit:  bis Flüssigkeitsfilm selbst verdunstet.  7 Nachbehandlung:

       Keine Nachspülung notwendig.  8 Informationen:   Produktbeschreibung   

       Sicherheitsdatenblatt  Sicherheitsdatenblatt O2-Aktivator  

       Bezug: Landi CH   Sintagro CH   Chemoform DE.

wasserstoffperoxid.jpg

Abb. 34. Wasserstoffperoxid H2O2 als Desinfektionsmittel.

Ausgehend von Konzentrat mit 10 % v/v oder weniger, das z.B. in Drogerien in Kleinmengen bezogen werden kann, wird unter Berücksichtigung der Schutzmassnahmen eine 3%ige Verdünnung hergestellt.

Diese Lösung sollte nicht allzu lange gelagert werden, da u.U. die Haltbarkeitsdauer infolge ungünstiger Bedingungen begrenzt ist (Info).

Aktiv Sauerstoffprodukte.jpg

Abb. 35. Aktiv-O2-Produkte zur Desinfektion.

Zwei typische Desinfektions-mittel auf O2-Basis.

Hobbybrauer: Halades 194 (Kleinmengenbezug 1L).

Halades PE: Mindestmenge bereits  10 kg.

Aktiv-Sauerstoff kommerzielle Desinfektionsmittel für Heimbrauer

  • Halades PE:

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: Wasserstoffperoxyd H2O2 (25-50%), Essigsäure CH₃COOH (2.5-10%), Peroxyessigsäure C2H4O3 (48 mg/g).    2 Eigenschaften:   

       Halades ist ein flüssiges, schaumfreies Desinfektionsmittel mit dem Hauptwirkstoff Peressigsäure. Wirksam gegenüber Bakterien inkl. Sporenbildner

       und Pilzen.   3 Einsatzbereich: Sprühdesinfektionsmittel, für alle säurefesten Braumaterialien inkl. Leitungen. Oberflächen aus verzinktem Eisen sowie

       Buntmetalle [Kupfer (Cu), Nickel (Ni), Blei (Pb), Zinn (Sn) und Zink (Zn)] erfahren einen geringen Abtrag. Bei kunststoffausgekleideten Tanks empfehlen

       sich Vorversuche.   4 Vorbereitung/ Anwendung: zu behandelnde Flächen/Gegenstände müssen vorgereinigt bzw. sauber sein. Schutzmaterial: Einweg-

       handschuhe, Augenschutz. Lückenlosen Film aufsprühen.   5 Dosierung: 0.5 - 1.0 % für Bakterien, 2.0 - 3.0 % für Pilze und Hefen, 0.4 Liter pro m2 Fläche. 

       6 Einwirkzeit: Bakterien 5 min bei 20 °C, Pilze/Hefen 15 min und 20 °C, Sporen 60 min und 20 °C.  7 Nachspülung: keine Nachspülung erforderlich. 

       8 Informationen: Produktbeschreibung     Sicherheitsdatenblatt     Bezug.

  • Halades 194:

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: N-(3-Aminopropyl)-N-dodecylpropan-1,3-diamin (75 mg/g), polymeres nichtionisches Tensid (1-5 %), Milchsäure C3H6O3 (1-5 %),

       polymeres anionisches Tensid (1-5 %).   2 Eigenschaften: flüssiges, schäumendes, mild alkalisches, chlorid-, aldehyd- und QAV-freies Desinfektionsmittel-

       konzentrat auf der Basis von Diamin für den gesamten Lebensmittelbereich. Wirksam gegen Bakterien, Pilze und Hefen, Viren. Es ist stark

       tiefenwirksam, geruchlos und indifferent gegen alle im Lebensmittelbereich üblichen Materialien.  Auch bei Eiweissbelastungen wirksam.

       3 Einsatzbereich: Sprühdesinfektionsmittel, für alle Braumaterialien inkl. Leitungen, Schläuche, Tanks, Behälter, Oberflächen.   4 Vorbereitung/ Anwendung:

       zu behandelnde Flächen/Gegenstände müssen vorgereinigt bzw. sauber sein. Schutzmaterial: Einweghandschuhe, Augenschutz. Lückenlosen

       Flüssigkeitsfilm aufsprühen.   5 Dosierung: 0.5 - 1.0 % für Bakterien, 2.0 - 3.0 % für Pilze und Hefen, 0.4 Liter pro m2 Fläche.   6 Einwirkzeit: Bakterien 5 min

       bei 20 °C, Pilze/Hefen 15 min und 20 °C, Sporen 60 min und 20 °C.  7 Nachspülung: nach Einwirkungszeit desinfizierte Flächen, Geräte/Gerätschaften

       sowie Gefässe mit Frischwasser abspülen.    8 Informationen:   Produktbeschreibung     Sicherheitsdatenblatt     Bezug.

  • Wigol Hydrosan stabil:

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: Peroxyessigsäure stabilisiert (C2H4O3, 0.15 g/g), Wasserstoffperoxid H2O2 (0.23 g/g), Essigsäure H3C-COOH.   2 Eigenschaften:

       breit wirksames Desinfektionsmittel.  3 Einsatzbereich: Sprüh- und Tauschdesinfektionsmittel für alle Oberflächen, Tanks, Rohrleitungen, Fässer und

       Braumaterialien, auch CIP-Verfahren.   4  Vorbereitung/ Anwendung: Saubere, gespülte Oberflächen und Utensilien.  Schutzmaterial: Einweghandschuhe,

       Augenschutz. Lückenlosen Flüssigkeitsfilm aufsprühen oder vollständig eintauchen.   5 Dosierung: CIP- und Oberflächen: 0.3-10 g/l (0.03-1.0 %).

       Tauchbaddesinfektion: 1 %. Sprühsterilisator: 30 g/L (3 %).   6 Einwirkzeit: CIP-/Oberflächen 5 bis 30 min, Temperaturen 5 - 30 °C; Tauchbad 30-60 sec,

       kalt; Sprühsterilisator 15-20 sec, kalt.  7 Nachspülung: nach Einwirkungszeit desinfizierte Flächen, Geräte/Gerätschaften sowie Gefässe mit Frischwasser

       abspülen.    8 Informationen:   Produktbeschreibung     Sicherheitsdatenblatt     Bezug CH    Bezug DE.

  • Sintagro Sauerstoffgranulat, Marina Aktivsauerstofftabletten, CHEMOFORM Aquablanc O2-Granulat: 

       1 Wirkstoffe/Inhaltsstoffe: 2KHSO5·KHSO4·K2SO4 (= H3K5O18S4).  2 Eigenschaften:

       starkes anorganisches Oxidationsreagenz  mit einer dem Chlor vergleichbaren

       Desinfektionskraft, aber geruchslos. Nicht korrosiv, nicht reizend, biologisch abbaubar.

       Gegen Bakterien, Schimmelpilze, Hefen, Viren u.a. wirksam. Gute Biofilmentfernung.

       3 Einsatzbereich: zur Desinfektion im medizinischen wie Wasserhygienebereich.   

       4 Vorbereitung/ Anwendung: zu behandelnde Flächen/Gegenstände müssen

       vorgereinigt bzw. sauber sein. Mit wässriger (pH 7.0-7.4) KPS-Lösung füllen bzw.

       Gegenstände darin baden. 5 Dosierung:  ≥ 0.02 g/1 L Wasser. Häufig mit Sauerstoff-

       Aktivator (polymeres quaternäres Ammoniumchlorid: N-Methylmethanamin) [Info])

       eingesetzt.  6 Einwirkzeit:  bis Flüssigkeitsfilm selbst verdunstet.  7 Nachbehandlung:

       Keine Nachspülung notwendig.  8 Informationen:   Produktbeschreibung   

       Sicherheitsdatenblatt  Sicherheitsdatenblatt O2-Aktivator  

       Bezug: Landi CH   Sintagro CH   Chemoform DE.

Sauerstoff_Granulat.jpg

Abb. 36. Aktivsauerstoffprodukte.

Verkauft für Poolwasserdesinfektion,

aber ebenso für den Hobbybrauer geeignet.

3  AKTIVCHLOR (Halogene): Halogene wie Chlor , Jod oder Fluor besetzen auf dem Periodensystem der Elemente die vorletzte Elektronenschale und sind daher äusserst bestrebt, die letzte Schale zur Edelgaskonfiguration (= stabiler Zustand) durch eine Elektronenaufnahme zu erreichen. Sie sind daher starke Oxidationsmittel. Die Desinfektionsmittel sind in hoher Konzentration aber nicht nur für Bakterien toxisch und sollten daher mit Vorsicht verwendet werden.

Chlor- und Chlorverbindungen oxidieren insbesondere SH-Gruppen der Proteine. Chlor wird beispielsweise in der Trinkwasserentkeimung eingesetzt, wobei sogenannte Hypochlorite entstehen. Diese wirken ebenfalls mikrotoxisch und werden zur Grobdesinfektion eingesetzt.

Iod ist schlecht wasserlöslich und wird deshalb in Verbindung mit Kaliumiodid als Kaliumtinktur eingesetzt. Da Iod als Desinfektionsmittel in einigen Fällen allergische Reaktionen hervorruft, wird es mittlerweile überwiegend zur Behandlung von medizinischen Geräten und Instrumenten verwendet. Als Iodophore werden sie aber auch im Brauwesen eingesetzt.

Zur Flächendesinfektion kommen allerdings nur Chlor bzw. chlorabspaltende Produkte zum Einsatz. Mit besonderer Vorsicht sind die kräftigen chlorbasierten Reiniger (z.B. Chemipro Caustic) zu geniessen, da bereits kleinste Rückstände zu Off-Flavors (Chlorophenol) im Bier führen können. Ihre Reinigungswirkung ist zwar sehr hoch, allerdings greifen chlorhaltige Reiniger- und Desinfektionsmittel Edelstahl an und sollten daher nach kurzer Anwendung gründlichst abgespült werden.

Vor- und Nachteile: Pro: stark mikrobiozide Eigenschaften, für kommerzielle Brauereien kostengünstiger als Aktivsauerstoffprodukte. Contra: hohe Alkalität, starke Korrosionswirkung darf nur bis zu einer Temperatur von etwa 40°C verwendet werden, da sonst Lochkorrosion entsteht,  z.T. Rückstandsproblematik.

Verwendete Chemikalien:

  1. Chlordioxid ClO2: Als ältestes Desinfektionsmittel in der Geschichte der Trinkwasserbehandlung ist das Chlor zu nennen. Es ist ein chemisch wirksames und preisgünstiges Verfahren, jedoch ist das Chlorgas eine äusserst giftige Verbindung, deren Reaktionsprodukte - die Chloramine - noch in geringster Konzentration Schleimhäute und Atmungsorgane reizen. Eine Alternative zur Chlorung von Wasser bietet das Chlordioxid. Chlordioxid als Gas explodiert bei einem Volumenanteil in Luft von ≥ 10%. Chlordioxid ist daher nur in wässrigen Lösungen einsetzbar. Es vermeidet die nachteiligen Wirkungen des Chlors (schleimhautreizend, umweltfeindlich) und ist im Gegensatz zu Ozon stabiler und kostengünstiger herzustellen. ClO2 ist vielseitig wirkend (bakterizid, sporizid, viruzid u.a.), pH abhängige bis zu 2.5fache Oxidationskraft gegenüber anderen Desinfektionsmitteln (Peressigsäure, Wasserstoffperoxid, Chlor), Wirkung (Nutzungsphase nach dem Ansetzen) ca. 4 Stunden, breites Einsatzgebiet (Info). Wirkungsweise: ClO2 reagiert mit zahlreichen Zell-Bestandteilen inklusive der Zellmembran von Mikroorganismen, bricht die molekularen Bindungen in der Zelle und verändert gleichzeitig die Protein-Struktur.  (Info)

  2. Natriumhypochlorit NaClO: Natriumhypochlorit ist der wesentliche Wirkbestandteil von desinfizierenden und bleichenden Haushaltsreinigern, ebenso von diversen Schimmelentferner- oder Rohrreinigerprodukte. Häufig werden sie als mit dem Begriff "Aktivchlor“ gekennzeichnet. Die Konzentrationen in Haushaltsreinigern betragen ca. 5–7 %, während die Konzentrationen in Pooldesinfektionsmitteln weitaus höher sind (ca. 10–13 %). Nachteil: Natriumhypochlorit reagiert mit Säuren (z. B. Salzsäure, Salpetersäure) und Oxidationsmitteln (z. B. Wasserstoffperoxid, Permanganate) zum Teil sehr heftig unter Hitzeentwicklung und Freisetzung von Chlorgas. Beim Einsatz strikte auf Hinweise zur Produktanwendung achten.

  3. Natriumdichlorisocyanurat C3Cl2N3NaO3: schnell und rückstandsfrei lösliches organisches Chlorgranulat und ist geeignet zur Stoss-, Dauer- und Zusatzdesinfektion. Natriumdichlorisocyanurat findet in Reinigungs-, Desinfektions- und Bleichmitteln Verwendung, in grossen Mengen zur Swimmingpooldesinfektion und eingeschränkt zur Trinkwasserdesinfektion in Notfällen (Sicherheitsdatenblatt).

Aktiv-Chlor kommerzielle Desinfektionsmittel für Heimbrauer

  • Halapur MP:  1 Inhaltsstoffe  Dinatriummetasilikat, Natriumphosphat, Soda (Natriumcarbonat), Chlorträger Natriumdichlorisocyanurat (syn. Troclosenatrium, C3Cl2N3NaO3).   2 Wirkung: alkalisches Reinigungsmittel mit gleichzeitig desinfizierender Wirkung; gute Entfernung von Fetten und Eiweissen.  3 Einsatzbereich:  keine Einschränkungen (Sudhaus, Tanks, Leitungen, Schläuche, Abfüllanlagen, Flaschen- und manuelle Reinigung). Bereits im Kaltbereich hochwirksam.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Flaschen/Materialien vorher ausspülen oder einweichen.  5 Dosierung: 0.5 % (5 g auf 1 Liter Wasser) bei Temperaturen von 50 - 75 °C (Hinweis: nicht mit sauren Lösungen mischen, da sonst Chlorgas entsteht) 6 Einwirkungsdauer: 30-60 min.  7 Nachbehandlung:  mit Wasser nachspülen.  8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug CH    Bezug DE

  • Halag RV 262:  1 Inhaltsstoffe   Natriumhypochlorit NaClO (Javelsche Lauge; 100 mg/g), Natriumhydrioxid NaOH.   2 Wirkung: Schaumfreies leicht alkalisches Schnelldesinfektionsmittel auf Basis von Aktivchlor3 Einsatzbereich:  Flaschen, Leitungen, Gerätschaften, Kleinteile, Schimmelpilz-bekämpfung.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Flaschen/Materialien vorher ausspülen oder einweichen.  5 Dosierung: Eintauchlösungen 0.25 % (= 25 g auf 10 L Wasser. 0.25-2.0 %, 5 min, 5-45 °C für Bakterien; 0.25-2.0 %, 15 min, 5-45 °C für Pilze/Hefen; optimaler pH 8-11. Hinweis: nicht mit sauren Lösungen mischen, da sonst Chlorgas entsteht. Hand- und Augenschutz.   6 Einwirkungsdauer: 5 - 15 min (cf. Dosierung).  7 Nachbehandlung:  mit Wasser gründlich nachspülen.  8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug (nur in Grossmengen).

  • Chemipro Caustic:   1 Inhaltsstoffe   Chlorträger Natriumdichlorisocyanurat (syn. Troclosenatrium, C3Cl2N3NaO3.2H2O), 2.5-10 %Dinatriummetasilikat Na2O3Si, 10-20 %; Natriumhydroxid NaOH, 25-35% (!);  Benzolsulfonsäure, C10-13-Alkylderivate, Natriumsalze: Alkylbenzolsulfonat, Na-Salz, 1-3 %; aliphatische Kohlenwasserstoffe: Paraffinöl, 1-5 %.    2 Wirkung: Pulverförmiges, sehr stark alkalisches, kräftiges Reinigungsmittel für alle schwer verschmutzten Materialien, mit aktivem Chlor. Schwach schäumend.  3 Einsatzbereich:  Alle Braumaterialien. Nicht geeignet für Kupfer und Eisen, nur kurz verwenden auf Edelstahl.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Flaschen/Materialien mit warmem Wasser ausspülen oder einweichen lassen. Geräte bis über Füllstandsniveau mit einer Gebrauchslösung von Chemipro Caustic füllen. Unbedingt Schutzmassnahmen treffen (Schutzhandschuhe/Schutzkleidung und Augenschutz/Gesichtsschutz tragen).   5 Dosierung: 1 Gramm pro Liter warmes (niemals heisses oder kochendes) Wasser, langsam dazu geben (nicht umgekehrt, d.h. nicht Wasser zum Chemipro Caustuic geben!). Bei starker Verschmutzung: 2 - 5 % ansetzen.  6 Einwirkungsdauer: 5 - 60 min, je nach Verschmutzungsgrad (max. sogar bis 3 Stunden). Temperatur max. 60 °C. Einwirkzeit kann beträöchtlich verringert werden, indem stark verschnmutzte Stellen mit einer Bürste gereinigt werden.   7 Nachbehandlung:  mit Wasser sehr gut nachspülen.  8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug CH     Bezug DE    Bezug BE.   

  • biostream asepticaPRO:  1 Inhaltsstoffe   Chlordioxid  ClO2; ca. 0.29 %).  2 Wirkung: Reinigungs- und Desinfektionskonzentrat (0.29% ClO2-Lösung) gegen alle Keime und starke Verkeimung (Biofilme), 25x stärker als Wasserstoffperoxid. Langzeitstabil.  3 Einsatzbereich:  Für alle Flüssigkeits- und Gärbehälter/ Tanks (Info), Flaschen, Trinkwasseraufbereitung. Für alle Materialien geeignet.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Flaschen/Materialien vorher ausspülen und vorreinigen.  5 Dosierung: 5 mL/1 L, cf. weitere Info. Temperatur mox.   6 Einwirkungsdauer: ab 5 min, meistens 15 min,  bis max. 3 h.  7 Nachbehandlung:  nicht zwingend Nachspülung notwendig.  8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Zusatzinfo   BezugShop DE     Hobbybrauerversand DE.

Hygiene: Halapur MP
Javel Wasser.jpg

Abb. 38. How To Brew.

US-Hobby-Braubibel zum Thema Desinfizieren mit Bleiche.                    [Quelle]

Abb. 37. Javel Wasser

Javel Wasser eine wässrige Lösung von Kaliumhypochlorit (KClO), in einer Mischung mit Kaliumchlorid (KCl) und wird u.a. als 0.1- bis 0.5-prozentige Gebrauchslösung im Umgang mit Mikroorganismen zur Dekontamination verwendet.

Der bekannte US-Hobbybierbrauer John J. Palmer, dessen "Bierbibel" How to brew nun auch in deutscher Übersetzung erhältlich ist (cf. hier), empfiehlt sogar Bleach (Bsp. Clorox), ein US-Javelwasser: "Bleach is one of the most versatile cleaners available to the homebrewer." (cf. hier) und "The cheapest and most readily available sanitizing solution is made by adding 1 tablespoon of bleach to 1 gallon of water (4 ml per liter). Let the items soak for 20 minutes, and then drain. Rinsing is supposedly not necessary at this concentration, but many brewers, myself included, rinse with some boiled water anyway to be sure of no off-flavors from the chlorine." (cf. hier > 2 x Next). Info zu Clorox.

Bleichmittel auf Hypochlorit-Basis dürfen nicht mit Säuren oder sauren Reinigungsmitteln gemischt werden, da sonst das giftige Chlorgas entsteht.

Palmer_sanitizing.jpg

4  QAV - QUARTÄRE AMMONIUM-VERBINDUNGEN: QAV (auch Quats) sind organische

Ammoniumverbindungen, bei denen alle vier Valenzen ("Bindungsstellen") eines Stickstoff­atoms

organisch gebunden sind. Es handelt sich somit um Salze (ionische Verbindungen), bestehend aus

einem positiv geladenen Kation und einem negativ geladenen Anion (Bsp.: Benzalkoniumchlorid

[BAC] C9H13ClNR (R=C8H17 bis C18H37, Didecyldimethylammoniumchlorid C22H48ClN [DDAC],

Cetylalkoniumchlorid C25H46ClN) [16-BAC]). Sie sind gut wasserlöslich, oberflächenaktiv und als

Tenside verfügen sie sowohl über reinigende als auch eine desinfizierende Wirkung. Das

Wirkungsspektrum der QAV reduziert sich allerdings auf vegetative Bakterien und behüllte,

lipophile Viren (inkl. HIV), Lücken gegenüber einigen gramnegativen Bakterien [Megasphaera sind

gram-negative, streng anaerobe Bakterien. Sie sind bekannt als Bierschädlinge und sind verantwortlich

für Geschmacksfehler und Trübung im Bier. Ebenso ist Pectinatus ein wichtiges verderbniserregendes

Bakterium, das eine Trübung und ein Off-Aroma, das an faule Eier erinnert, verursacht], Mykobakterien

und Pilzen. QAV reichern sich in Zellmembranen lebender Organismen an und können so die

Funktion der Zellmembran beeinträchtigen. Dank dieser Wirkung können insbesondere die

kationischen Tenside auch als Desinfektionsmittel eingesetzt werden. Die mikrobizide Wirkung

ist nur dann gegeben, wenn die am N-Atom gebundene Alkylgruppe (= Teil eines Moleküls, der

aus miteinander verbundenen Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen besteht) eine Kettenlänge

von 8 bis 18 C-Atomen aufweist. QAV-Wirkstoffe kommen meist in Mischprodukten vor (typisch:

eine Alkaliquelle, ein Komplexbildner, ein Zusatzlösungsmittel oder ein Tensid zur Verbesserung

der Wirksamkeit).

Vor- und Nachteile: Pro: Quartäre Ammoniumverbindungen sind hervorragende Wirkstoffe

in Produkten zur Desinfektion, da sie eine geringe Toxizität, dank tensidischer Eigenschaften

eine gute Reinigungsaktivität und gleichzeitig eine desinfizierende Wirksamkeit aufweisen.

Relativ unschädlich für Mensch, gut hautverträglich und unproblematisch für das gesamte

Braumaterial.  Contra:  Kältefehler (= bei niedrigen Temperaturen werden höhere Konzentrationen notwendig) und einen Eiweissfehler (= die Anwesenheit von Eiweissen verminderte die Wirksamkeit von chemischen Desinfektionsmitteln). Zeigen zudem in erheblichem Masse ökologisch relevante negative Eigenschaften.

QAV-Verbindungen.jpg

Abb. 39. Quartäre Ammonium-Verbindungen.

QAV-Verbindungen mit antimikrobiellen Eigenschaften werden für viele medizinisch-hygienische Applikationen eingesetzt, häufig zusammen mit anderen Wirkstoffen (cf. z.B. DDAC mit Ethanol, z.B. Info).

BAC: Benzalkoniumchlorid

DDAC: Didecyldimethylammoniumchlorid

16-BAC: Cetylalkoniumchlorid (syn. synonym 16-Benzyldimethylhexadecylammoniumchlorid).

Verwendete Chemikalien (repräsentative Auswahl):

  1. Benzalkoniumchlorid [BAC] C6H5CH2N+(CH3)2R Cl−: Wirkungsweise: Störung der mikrobiellen Membranfunktionen, insbes. der Lipid-Doppelschichten und dadurch Verlust der Kontrolle der Permeabilität (Membrantransport) , ebenso Deaktivierung von Enzymkomplexen der Atmung und anderer Stoffwechselfunktionen. BAC wird auch für medizinische Zwecke als Konservierungsmittel, in Augen-, Nasen- und Ohrentropfen eingesetzt (Info). BAC wird häufig als Hauptwirkstoff in Flächendesinfektionsmitteln eingesetzt. BAC wirkt bakterizid, viruzid und fungizid. Kontakt  mit Proteinen führt zu Eiweissfehlern (verminderte Wirksamkeit).

  2. Didecyldimethylammoniumchlorid [DDAC] C22H48ClN: Bakterizid für Gram-negative Bakterien, virozid und fungistatisch. Gründliches Nachspülen mit Trinkwasser ist zwingend, da der Wirkstoff gute Haftung auf Kunststoffen und Edelstahl aufweist. DDAC wird meist in Mischungsrezepturen eingesetzt (Info).

QAV-haltige kommerzielle Desinfektionsmittel für Heimbrauer

  • Kombicid:  1 Inhaltsstoffe  Benzalkoniumchlorid [BAC] C6H5CH2N+(CH3)2R Cl−, 5 - 10 %; Amidosulfonsäure H2NSO3H, 60-80 %.   2 Wirkung: saures Reinigungsmittel in Pulverform mit gleichzeitig desinfizierender Wirkung. Entfernung leichter organischer Verschmutzungen. Steinsatz/Kalkflecken werden aufgelöst. Schonend zu säureempfindlichen Metalloberflächen.  3 Einsatzbereich:  vielfältiger Einsatz bei Brau- und Schankutensilien (Behälter, Gär-/Lagertanks, Fässer, Leitungen, Armaturen.  4 Vorbereitung/ Anwendung:  Zur Desinfektion Pumpsprüher mit kalter Lösung einsetzen. Bei hartnäckigen organischen Ablagerungen heisses Wasser nehmen und mit Bürste schrubben. Schutzhandschuhe/Schutzkleidung und Augenschutz/Gesichtsschutz tragen.   5 Dosierung: 0.5 - 1 % (5-10 g Pulver/1 L Wasser).  6 Einwirkungsdauer: 5 - 15 min., Temperatur kalt bis 85 °C.    7 Nachbehandlung:  unbedingt mit frischem, klaren Wasser gut nachspülen.    8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug CH    Bezug DE.

  • Bevi Liquid:  1 Inhaltsstoffe  Benzalkoniumchlorid [BAC] C6H5CH2N+(CH3)2R Cl−, < 10 %; Tetranatrium-(1-hydroxyethyliden)biphosphonat  C2H4Na4O7P2, < 10 %; Natriumhydroxid NaOH, < 10 %.   2 Wirkung: alkalisches Grundreinigungsmittel mit gleichzeitig desinfizierender Wirkung, entfernt starke Verschmutzungen und Beläge.  3 Einsatzbereich:  chemische und chemisch-mechanische Schankanlagenreinigung.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Leitungen vor der Reinigung mit Trinkwasser vorspülenSchutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen.  5 Dosierung: 2-3 %ige Anwendungslösung laut Dosierungstabelle ansetzen 6 Einwirkungsdauer: Anwendungslösung  max. 15 min mit Schwämmchen durch die Leitung pumpen; bei chemischer Standreinigung Kontaktzeit max. 20 min.  7 Nachbehandlung:  mit Trinkwasser gut nachspülen. Überprüfung mit pH-Indikatorpapier.   8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug CH    Bezug DE.

  • Eilfix Bacy-Sept Desinfektionsreiniger: 1 Inhaltsstoffe  Benzalkoniumchlorid [BAC] C6H5CH2N+(CH3)2R Cl−, 2.4 g Benzyl-C12-16-alkyldimethyl-, Chloride/100 g; Alkylpolyglycosid C8-10, 1 - < 5 % (nichtionisches Tensid), zusätzlich < 5 % kationische Tenside, Phosphate.   2 Wirkung: konzentrierter, aldehydfreier Desinfektionsreiniger, geruchsfrei. Löst Eiweiss, Fett, Schmutz- Wirksam gegen Bakterien, Viren, Hefe- und Schimmelpilze.  3 Einsatzbereich:  für alle wasserbeständigen und empfindlichen Oberflächen, eignet sich besonders gut zur hygienischen Reinigung von schmutz-, fett- und eiweissbelasteten Flächen im Lebensmittelbereich wie Arbeitsflächen, Geräte.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Materialien vorreinigen (abspülen, Beläge abschruppen).  5 Dosierung: wird mit Wasser verdünnt angewendet: 1 %ig (10 mL/L kaltem Wasser), 2 %ig (20 mL/L kaltem Wasser).   6 Einwirkungsdauer: 1 %ig 60 min, 2 %ig 30 min.  7 Nachbehandlung:  mit Trinkwasser gut nachspülen.   8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug CH    Bezug DE.

5  SÄURE- und BASENHALTIGE DESINFEKTIONSMITTEL: Für Desinfektionszwecke können auch Laugen (syn. Basen, alkalische Lösungen) wie Natriumhydroxid NaOH, Kaliumhydroxid KOH und Calciumhydroxid Ca(OH)2 eingesetzt werden, meist als 1 - 2%ige Lösungen [Ca(OH)2 entsteht durch Zugabe von gebranntem Kalk CaO zu Wasser: CaO  +  H2O  --> Ca(OH)2]. Die desinfizierende Wirkung beruht insbesondere auf dem hohen pH-Wert, der die Zellwände von Bakterien zerstört.

Als Säuren werden überwiegend organische Säuren eingesetzt wie Ameisensäure CH2O2, Phenylessigsäure C8H8O2, Essigsäure C2H4O2, Citronensäure C6H8O7 und Propionsäure C3H6O2. Als anorganische Säure kommt häufig Phosphorsäure H3PO4 und Hypochlorige Säure HOCl zum Einsatz. Säuren wirken 1. durch Absenkung des pH-Wertes, und 2. Verhinderung der Substrataufnahme in die Zelle durch Störung des Transportmechanismus "Protonenpumpen" (Info). Ein Nachteil der Säuren ist allerdings, dass sie organischen Schmutz koagulieren (Zusammenklumpung von z.B. Eiweiss), dass darunter liegende Schichten mit mikrobiellen Keimen nicht mehr erreicht werden.

Säurehaltiges selbstgemachtes Reinigungs-/Entkalkungs- und Desinfektionsmittel für Heimbrauer

Citronensäure:  1 Inhaltsstoffe  Citronensäure C6H8O7 (Info).  2 Wirkung: saures asaures Entkalkungs-, Reinigungs- und citrothermisches Desinfektioinsmittel. Im Vergleich zu Desinfektionsmitteln mit stark oxidierenden und aggressiv sauren Eigenschaften zeigt Citronensäure-Lösung 50 % ein sehr materialschonendes, anwenderfreundliches und umweltneutrales Verhalten bei gleichzeitig hochwirksamen desinfizierenden Eigenschaften.  3 Einsatzbereich:  Geräte und Gerätschaften, die in eher kleineren Flüssigkeitsvolumina Platz haben. Aluminium meiden (Problem: Aluminiumcitrat). Hervorragende Desinfektions- und Viruzidie-Eigenschaften; bakterizid, fungizid, tuberkulozid, viruzid.  4 Vorbereitung/ Anwendung: Vorreinigung notwendig. Schutzhandschuhe und Augenschutz/ Gesichtsschutz tragen.  5 Dosierung: 50 %ige (!) Anwendungslösung ansetzen 6 Einwirkungsdauer: als Desinfektionsmittel nur bei hohen Temperaturen wirksam (60-80 °C) einsetzen, ca. 10 min (--> citrothermische Desinfektion).   8 Informationen:  Produktbeschreibung   Sicherheitsdatenblatt    Bezug: Drogerien, Apotheken.

Säurehaltiges kommerzielle Desinfektionsmittel für Heimbrauer

       C18H30O3S (Tensid, 10-20 %),  1,2-Propandiol (5-15 %). 2 Wirkung:  stark schäumender, saurer anionischer

       Klarspüler nach alkalischer Reinigung; verhindert die Ansammlung von Mineralien und ist nicht von

       organischer Verschmutzung betroffen. Desinfizierende Wirkung bei pH < 3.5 3 Einsatzbereich: für Gär- und

       Lagertanks und Braugerätschaften, nicht geeignet für weiche Metalle.  4 Vorbereitung/ Anwendung:

       Verschmutzungen durch Abspülen oder Abschaben und evtl. durch vorangehendes Einweichen entfernen,

       oder besser mit gutem Reinigungsmittel vorbehandeln. Star San HB-Lösung mit Tuch, Schrubber, Schwamm

       oder durch Aufsprühen (aus 15 bis 20 cm Entfernung) oder Eintauchen auf die Oberfläche auftragen/verteilen

       oder einweichen.  5 Dosierung: 1.5 bis 2.5 mL/1 L Wasser (Vorsicht: niemals mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln

       mischen --> Gefahr der Chlorgasbildung! 6 Einwirkungsdauer:  >1 min;  7 Nachbehandlung: mit Wasser der

       gleichen Temperatur nachspülen (nicht zwingend notwendig). 8 Informationen:  Produktbeschreibung  

       Sicherheitsdatenblatt  Bezug CH,   Bezug DE. 

Star San HB 2.jpg
Hygiene: Citronensäure

Abb. 40. Star San HB ist der Star unter US-Heimbrauern für Nachspülung und Desinfektion .

cf. Video: Sanitizing Homebrew Equipment.

Hygiene: Sterilisation
5. STERILISATION   
5.1. Einführung: Steriles Arbeiten als Heimbrauer?          
Grundlegende Kenntnisse und Anwendung der Verfahrensregeln von "Reinigung" und "Desinfektion" zur Einhaltung der notwendigen Hygiene im Heimbraubereich sind mehr als ausreichend für eine erfolgreiche Braupraxis! Wenn durch hygienische Reinigung Beläge und Verschmutzungen entfernt werden und als ergänzende Massnahme durch Desinfektionsverfahren die mikrobiellen Keime in besonders sensiblen Bereichen rund um den Kaltbereich zahlenmässig so stark reduziert werden bis zu einer Anzahl, die eine Infektion heikler Medien (insbesondere Bierwürze) ausschliesst, sind Verfahren zur Sterilisation kein Thema für den "normalen" Heimbrauer.
Der ambitionierte "angefressene" Hobbybrauer allerdings, der eigene Hefekulturen züchten und pflegen möchte, muss einfachste Sterilisationsverfahren kennen. Dies ist beispielsweise für folgende Schritte notwendig:
  • sterile Gefässe und Material zur Anzucht von Hefen (z.B. Erlenmeyerkolben, Flaschen mit
       Schraubdeckeln, Magnetrührer)
  • Sterilisation von Gefässen mit Hefenährlösungen
  • sterile Medien (z.B. Hefenährlösungen, sterile Wasser-, Zucker- und physiologische Salzlösungen)
  • Gefässe zur Aufbewahrung von Hefesuspensionen, sterilen Lösungen, u.a.
  • sterile Reagenzgläser/Schrägagarkulturen inkl. Verschlusskappen für Hefe-Stammkulturen
  • Belüftungsschläuche, Sterilfilter (zur Wiederverwendung) und metallische Belüftungssteine
  • Petrischalen aus Glas
  • allg. Impfwerkeuge und weiteres Material z.B. zum Ausplattieren von Hefezellen zur Erzielung
       von Einzelkolonien (Impfösen, Drigalskispatel).
 
5.2. Sterilisationspraxis des Heimbrauers          
Thermische Sterilisation mittels ausreichender Hitze, ausreichende UV-Bestrahlung sowie die Sterilfiltration sind  die Mittel, mit denen der Heimbrauer tatsächlich Gegenstände bzw. Lösungen/Gase (Bsp. Luft) in kleineren Mengen sterilisieren kann. Chemische Verfahren kommen nicht in Frage (Behandlung mit Formaldehyd oder Begasung mit dem sehr reaktiven Gas Ethylenoxid (1,2-Epoxyethan).
5.2.1. Thermische Sterilisation
Sowohl trockene Hitze (Backofen) als auch Dampf (Autoklav, zuhause Schnellkochtopf/Dampfkochtopf) ermöglichen eine Hitzesterilisation. 
Kulturgefässe_2.jpg

Abb. 41. Typische Glasgefässe für die Hefemikro-biologie. Gläser sind meist aus hochwertigem hitzefestem Borosilikatglas (DURAN, Jenaer Glas, PYREX).

Erlenmeyerkolben zur Anzucht, Becherglas, Reagenzglas (RG),

Petrischalen.                                                       --> mehr Info hier.

  1. Backofen: Bei der Sterilisation wie natürlich auch bei der thermischen Desinfektion ist trockene Hitze der Energieüberträger. Trockene Hitze ist zwar weniger wirksam als feuchte Hitze (Dampf, cf. 2. Schnellkochtopf), aber sehr einfach verfügbar z.B. für hitzefeste Glaswaren (Abb. 41) und Utensilien zur
       Hefekultivation. Der Energieaufwand ist als Folge der langen Erhitzungsdauer beträchtlich (cf. Abb. 42). Glaswaren und übrige Gegenstände (meist
       Metalle) müssen hitzebeständig sein!
       Hinweis: Nur frisch eingekaufte Bierflaschen (ohne Bügelverschluss) dürfen nur bei tieferer Temperatur, ca. 65 - 70 °C, maximal 120 °C 15-30 min langsam erhitzt werden =
        thermische Desinfektion: cf. oben "Thermische Desinfektion, trockene Hitze"). Damit ist die Gefahr der sog. thermisch induzierten Spannungsschäden (mikroskopische
        Spannungsrisse --> evtl. Platzen der gefüllten Bierflasche) absolut minimiert. Die Bierflasche ist nicht sterilisiert, aber genügend keimarm ohne Infektionsrisiko.
        Vorläufige mikrobiologische Vorversuche zeigen aber, dass immer noch Keime in der Bierflasche nachzuweisen sind. Die Auswirkung höherer Temperaturen um 120 °C werden im
        Moment erprobt.
Trockensterilisation Backofen.jpg
Sterilisation Trockenhitze.jpg

Abb. 42. Sterilisationsdauer durch trockene Hitze im Backofen nach Erreichung der Sollhitze.

Aufheiz- und Abkühlzeit unterstützen die Sterilisationswirkung. [Quelle: Palmer (2019), S. 50]

Abb. 43. Trockensterilisation im Backofen.

DURAN-Glasflaschen und 2 Erlenmeyerkolben (EMK) zur Hefeanzucht, Becherglas, Reagenzgläser (RG) im Becherglas als Ständer. Flaschen und EMK  sind mit Alufolie abgedeckt, RG mit Alukappen.

Trockensterilisation ist nur bei grossen hitzefesten Glasgefässen wie Bechergläser, Erlenmeyerkolben oder Hefeflaschen sinnvoll, die in einem Schnellkochtopf  (oben auf dem Backofen, = Ersatzautoklav) keinen Platz haben (cf. Abb. 44).

    2. Schnellkochtopf: Ein Schnellkochtopf (Dampfkochtopf) kann als Ersatzautoklav dienen. Sterilisation mit der Hilfe von Dampf, auch feuchte Hitze genannt,
        ist das in mikrobiologischen Labors und Krankenhäusern übliche Verfahren für Geräte und Flüssigkeiten. Dampf leitet Hitze bedeutend besser als
        trockene Luft, wodurch die Einwirkungszeit der Hitze massiv reduziert werden kann! Dabei wird der Dampf in einem Druckgefäss (=  geschlossener
        "Kochtopf") komprimiert in Kontakt mit dem Sterilgut gebracht. Erreger werden durch die bei der Kondensation entstehende Hitze über die Zeit zerstört.
        Dabei gilt: je niedriger die Temperatur, desto länger muss diese aufrecht gehalten werden. Der Druck und die Temperatur sind dabei voneinander
        abhängig. Üblich sind 121 °C/ 2 Bar, welche für 15-20  min aufrecht gehalten werden. Alle zu sterilisierenden Flüssigkeiten inkl. Nährmedien mit Agar
        müssen in einem Gefäss mit nicht ganz verschlossenem Verschluss sein. Als Abdeckung können Wattepfropfen mit Alufolie überdeckt oder mit
        Alukappen dienen.
Schnellkochtopf als Ersatzautoklav.jpg

Abb. 44. Schnellkochtöpfe als Ersatzautoklaven.

Links: Schnellkochtopf (SKT 1) niedrige Form, 18 cm hoch; davor 1000 mL Becherglas mit Reagenzgläser L = 180 mm mit Alukappen &  250 mL EMK (passend in SKT 1, ebenso geeignet für Schlauchmaterial, Sterilfilter,m kleine Flüssigkeitsmengen wie Zuckerlösungen für Flaschengärung).  

Rechts: Schnellkochtopf hohe Form, 22 cm hoch; davor EMK 1000 mL (passend in SKT 2).

Ersatzautoklav_Dampfkochtopf.jpg

Abb. 45.  Autoklavieren im Schnellkochtopf.

Alle zu sterilisierenden Flüssigkeiten inkl. Nährmedien mit Agar müssen in einem Gefäss mit Verschluss sein. Als Abdeckung können Wattepfropfen, zudedeckt  mit Alufolie oder mit käuflichen Alukappen (CAP-Kappen, EMK: Info, RG: Info) dienen.

Anstelle von Leitungswasser setzt man besser ention. Wasser ein (--> keine Kalkrück-stände). Genaues Vorgehen "Ersatzautoklav" siehe hier!

UVC-Bestrahlung 2
5.2.2. Bestrahlung mit Ultraviolett UV-C
UV-Strahlen gehören zu den ionisierenden Strahlen, d.h. sie sind in der Lage, Moleküle und Atome im bestrahlten Gut in Ionen (elektrisch geladene positive oder negative Teilchen) umzuwandeln. UV-Strahlung wird je nach Wellenlänge und damit Energiedichte in UV-C 100-280 Nanometer [nm], UV-B 280–315 nm und UV-A 315 – 400 nm eingeteilt, mit zunehmend kürzerer Wellenlänge entsprechend energiereicher. UV-C-Strahlung ist grundsätzlich in der Lage, Bakterien und Viren abzutöten. Dafür muss jedoch die Strahlungsdosis, die die Zielorganismen erreicht, hoch genug sein. Das kurzwellige UV-Licht wird von der Erbsubstanz DNA der Mikroorganismen absorbiert, was zu einer Schädigung der DNA führt [zwei auf dem DNA-Strang benachbarte DNA-Bausteine Thymin-Basen T werden zu Thymin-Dimeren ("Doppelbasen") kovalent verbunden --> Thymin-Dimere können sich nicht mehr mit den komplementären Basen Adenin zu A-T paaren --> Abbruch der DNA-Vervielfältigung (Replikation)]. Bei einer genügend hohen Dosis sterben zunächst die Bakterien ab, die Sporen von Pilzen und Bakterien dann erst später nach längerer UV-Bestrahlung. UV-Strahlen haben eine geringe Eindringtiefe und sind daher primär für Oberflächensterilisation geeignet.
Einsatzgebiet der UV-Bestrahlung: Bekannte Einsatzgebiete von UV-C-Strahlung sind die Oberflächenentkeimung, die Raumluftdesinfektion oder die Wasseraufbereitung. In begrenztem Umfang wird UV-C-Strahlung auch bei der Entkeimung von Lebensmitteln eingesetzt (Info).
Brauereiwesen: UV-Wasserentkeimung, CIP-Spülwasser, Filterdesinfektion, zuckerhaltige Lösungen, Entkeimung von O2-armem "Verdünnungswasser" für Biere mit hohem Alkoholgehalt (Info), Hefepräparation/Sporenbekämpfung, Abwasserbehandlung (Info 1, Info 2).
Heimbrauer: Oberflächen, Impfmaterial (Impfösen, Drigalskispatel), Glas-Petrischalen, Alufolie, durchsichtige wässrige Lösungen, Wasser für Lösungen (Hefenährstoffe, Zucker, u.a.), Gesichtsmasken aus Stoff (beim Überimpfen von Hefezellen), Siebe (Milchsieb zur Trub-/Hopfenrestentfernung, Hopfensäcke zum Hopfenstopfen), metallische Utensilien (z.B. Pinzetten, Löffel, Schöpfkellen).
Gerätschaften und Vorgehen:
  1. Sterilisations-Box Puluz:
       - Gegenstände in Box (30x30x30 cm) ohne
         Überlappung platzieren
       - Einstellungen: 2 UV-Lampen aktiv, höchste
          Intensitätsstufe wählen
       - 15, 30 oder 60 min-UV-Timer einstellen;
          Empfehlung: ≥ 30 min
       - Deckel schliessen, nach UV-Bestrahlungszeit
          je nach Einsatz bestrahlter Gegenstände
          entsprechend "berührungsfrei"/Handschuh
          geschützt/ mit desinfizierten Händen heraus
          nehmen und einsetzen bzw. steril lagern
          (z.B. in Alufolie, sterilen Bechergläsern u.a.)
UV-Sterilisationsbox_2.jpg

Abb. 46. Sterilisation von flachen Gegenständen in einer UV-Box.

li: UV-Box mit Deckel, 2 UV-Lampen, daneben Schalter mit Zeitvorwahl (15, 30, 60 min), 1- oder 2-Lampen-wahl, 3 Intensitätsstufenwahl.

re: geeignete Objekte zur UV-Behandlung: 2 Pinzette, Metall-Drigalskispatel, Glas-Petrischale Boden- und Deckelteil, Alu-Folie, Stoff-Gesichtsmaske.

Sterilisationsbox
  2. Sterilisierstab "Yardwe Reisestab":
      - Oberflächen-UV-Bestrahlung
        z.B. Hefemikrobiologie-Arbeitsplatz
      - via USB-Kabel aufgeladenen Sterilisierstab
        über Arbeitsfläche fixieren
      - am Drehrad UV-Lampe einschalten
      - UV-Behandlungszeit: je nach
        Oberflächenbeschaffenheit 10-30 min.
       Empfehlung: zunächst Arbeitsfläche/
       Oberfläche mit z.B. 70% Ethanol reinigen
        (--> Desinfektionswirkung [Keimzahl-
        reduktion]).
Hefearbeitsplatz_UV-Bestrahlung.jpg

Abb. 47.  Arbeitsplatz für Hefe-mikrobiologische Arbeiten                       (cf. Mikrobiologisches Braulabor I und II)

Li: Arbeitsplatz unter Tageslicht. Unter Plexiglas-Schutzhaube und 2 Gasbrennern über der Arbeitsfläche (weisse Keramikfliese) ist der UV-Stab mit einem Klebeband fixiert. Empfohlener Abstand  zur bestrahlten Fläche: 5 - 10 cm.

Re: UV-Stab ist eingeschaltet und bestrahlt die gesamte Arbeitsfläche während ≤ 30 min. Anschliessend können z.B. Hefestammkulturen steril von einer Schrägagarkultur auf frische Schrägagarkulturen oder in eine Starterkultur (d.h. flüssige sterile Hefenährlösung) überimpft werden.

 
3. SteriPEN Classic steripen: Anleitung
      - Wasser bzw. wässrige Lösungen in geeigneten Behälter abfüllen
        (cf. Abb. 48, 49 li, Volumen bis max. 1'000 mL)
      - SteriPEN ohne UV-Lampenabdeckung aktivieren: Aktivierungsknopf
        1 x drücken für ≤ 500 mL, 2 x für ≤ 1'000 mL (Hinweis: bei deutlich
         kleineren Flüssigkeitsmengen und mehrfacher Aktivierung kommt
        die Entkeimung an eine Sterilisation heran).
      - UV-Lampe mit optischem Wassersensor eintauchen --> UV-Lampe
        leuchtet --> so lange eintauchen und rühren, bis Lampe selbstständig
        mit Leuchten stoppt (grüne Indikator-LED muss leuchten)
      - zur einfachen Entkeimung genügt eine einmalige Aktivierung
        [gemäss US  EPA Guide Standards: > 99.9999 % der Bakterien, 99.99 %
         der Viren, 99.9 % der Protozoen], bei mehrfacher Aktivierung  und 
        kleinem Volumen erreicht er Sterilisationsqualitäten.
Steripen_Grundausrüstung.jpg

Abb. 48. SteriPEN-Grundausrüstung zur UV-Entkeimung von Wasser und klaren wässrigen Lösungen.

Von li nach re: Nalgene-Behälter 800 mL, UV-Lampenabdeckung, SteriPEN (Länge 19 cm), Schutzhülle, Gebrauchsanleitung. 

Steripen UV-sterilization.jpg

Abb. 49 A (linke Abb.) SteriPEN in Aktion: Wasserentkeimung.

li: kleiner Behälter mit einem Volumen von 80 mL. Sobald die beiden Wassersensoren unterhalb der blauen Kappe Kontakt mit Wasser haben, startet die UV-Lampe, d.h. die minimale Wassermenge, die mit UV behandelt werden kann, muss mindestens diese Kontaktstifte berühren.

re: Der grössere Behälter hat ein Volumen von 400 mL, maximal können in einem Behandlungsschritt 1'000 mL bestrahlt werden.

UV_Pen_Versuche.jpg

Abb. 49 B (rechte Abb.) Entkeimung von wässrigen Lösungen.

li: Entkeimung von kaltem Leitungswasser im 80 mL-Behälter, 1 x UV-behandelt: Wasser ist keimfrei.

 

re: Lösung einer Hefe-Zusatznährlösung (Go-Ferm Protect Evolution, 0.1 g/100 mL; Info). Der SteriPEN vermag auch schwach trübe wässrige Lösung zu bestrahlen. Bei zu hoher Trübung wird die UV-Lampe nicht gezündet!

Resultat: 1x-UV-Behandlung (oben): ganz wenige pigmentierte gelbe Bakterien-kolonien sind sichtbar. 2x-UV-Behandlung (unten): Das Nährmedium ist steril!

Versuchsansätze:

Ansatz: 200 μL Wasser bzw. Hefenährlösung auf eine Nähragarplatte (Zusammensetzung und Methode: cf. hier) ausplattiert, 2 Tage bei 30 °C bebrütet.

Hygiene: Sterilfiltration
5.2.3. Sterilfiltration
Sterilfiltrationsverfahren halten dank des Einsatzes von keimundurchlässigen Membranfiltern (aus Cellulosenitrat, Celluloseacetat, Polycarbonat) oder auch durch Einsatz von Wattefiltern/Tiefefiltern aus Baumwolle oder Glaswolle Mikroorganismen als Partikel zurück. Membranfilter werden für Flüssigkeiten eingesetzt, Tiefenfilter für Gase. Dieses hitze- und chemikalienunabhängiges Verfahren eignet sich für Luft (zur sterilen Belüftung von Hefenährlösungen, Hefestarterkulturen, Anstellbier-würze) und für wässrige Lösungen, die hitzeempfindliche Vitamine, Antibiotika oder andere organische Verbindungen z.B. aus  Hefenährstoffen (Bsp. Lallemand Go-Ferm Protect Evolution) enthalten, die nicht mit den hohen Temperaturen des Autoklaven/Dampfkochtopfs sterilisiert werden können. Sie können aber sanft durch Sterilfiltration entkeimt werden. Hierbei werden Membranfilter aus Cellulose oder Kunststoffen verwendet, welche Poren von einer Grösse zwischen 0.2 bis etwa 0.45 μm aufweisen. 
Trennbereiche Membranfilter.jpg

Abb. 50. Trennbereiche Membranfilter.

Membranfilter mit Porendurchmessern von 0.45 bis 0.2 μm halten Mikroorganismen wie Mikropilze/Hefen und Bakterien zurück, nicht aber Viren oder kleinere Partikel wie Makromoleküle (Eiweisse, Stärke), u.a.).    [Quelle, mod.]

μm [Mikrometer] = 1/1'000 mm oder 1000 x 1 μm  =  1 mm.

Membranfilter_Prinzip.jpg

Für die Sterilfiltration von Flüssigkeiten werden sterilisierte Einweg-Vorsatz-filter für Spritzen aufgesetzt (Abb. 52), welche dann die Keime der chemischen Lösung mechanisch zurückhalten. Je nach Keimzahl und Flüssigkeitsvolumen können dann diese Einwegfilter verstopfen.

Sterilkfiltration.jpg

Abb. 51. Prinzipschema Membranfilter ("Bakterienfilter").

Dank der kleinen Poren (typischerweise Durchmesser von 0.2 μm oder 0.45 μm) werden Mikroorganismen wie Bakterien (hier: Spirillen, Stäbchen, Kokken), Schimmelpilze, Hefen, Algen oder Einzeller rein mechanisch abgetrennt, nicht aber Viren (kleine "Kugeln" rechts oben) oder Makromoleküle wie Eiweisse, Kohlenhydrate oder Vitamine.

Zum Vergleich Grösse von

- Bakterien: Durchmesser von 0.5 - 1 μm und eine Länge von 1 -  5 μm

- Mikroalgen: Grössen variieren von 1µm bis zu 400 µm

- Einzeller (z.B. Amöben, Geisseltierchen, Wimpertierchen): 5 - 500 µm

- Schimmelpilzsporen: 3 - 200 µm

- Hefezellen: 6 -12  µm lang, 4 - 8 µm dick.

- Viren: 20 - 350 nm [1 nm = 1'000 µm bzw. 1000 x 1 nm = 1 µm]

  Coronaviren: zw. 120 - 160 nm.

Siehe Echtbilder hier > Enlarged View.

Bei der Sterilfiltration von Luft zur Begasung der Anstellwürze oder Hefestarterkulturen kann ebenfalls ein Membranfilter mit Poren-durchmesser von 0.2 μm eingesetzt werden (Info).

Die Begründung, warum belüftet werden muss, ist auf der Website "Biologie der Gärung" unter "3. Sauerstoff: Feind oder Freund des Brauers?" erläutert. Die Belüftungstechnik ist im "Mikrobiologischen Braulabor I" unter "Minimaltechnik 7: Sterilisation durch Filtration - Sterilfiltration" beschrieben: siehe hier.

Abb. 52. Sterilfiltration von hitzelabilen Substanzen in wässriger Lösung.

Fallbeispiel: Der Hefezusatznährstoff wird im Becherglas mit nicht sterilem ention. Wasser auf einer Waage genau abgewogen. Mit einer sterilen (oder auch nicht sterilen) Spritze wird die zu sterilisierende Flüssigkeit in den Spritzenkörper aufgesogen. Mit leichtem Händedruck wird nun die Lösung durch den Einweg-Sterilfilter in ein sterilisiertes Vorlagengefäss (hier: Becherglas, mit Alufolie abgedeckt im Dampfkoch-topf autoklaviert) ausgepresst.

Einwegsterilspritzen (ganz rechts) sind strahlensterilisiert und verpackt lange Zeit lagerfähig. Sie können auch chemisch vor dem Einsatz desinfiziert werden. Bezug: z.B. beim Hausarzt. 

Sterilbelüftung_Aquarienpumpe.jpg
Würze_Belüftungsset_autoklavieren.jpg

Abb. 53. Sterilbelüftung.

Mittels einer gewöhnlichen Aquariumpumpe wird Frischluft über einen sterilen Membranfilter mit Porengrösse 0.2 μm über einen ebenfalls im Schnellkochtopf sterilisierten Silkonschlauch und abschliessendem Belüftungsstein aus Edelstahl in die zu begasende Flüssigkeit geleitet, z.B. Anstellwürze nach dem Sud  oder Flüssigmedium einer Hefestarterkultur.

 

Dauer der Belüftung: siehe hier und "Bestimmung des gelösten Sauerstoffs" Tab. 1/S. 4 hier.

[siehe auch "Biologie der Gärung" > "Sauerstoff: Feind oder Freund des Brauers?" > insbesondere "Praktische Konsequenzen (der Sauerstoffbelüftung) für die Primärgärung" hier].

Abb. 54. Sterilisation der Belüftungseinheit im Ersatz-Autoklav Schnellkochtopf.

Oben: Zusammenstellung benötigtes Material (ganz rechts: steril verpackter Luftfilter, unverbraucht, Mitte: bereits zweifach eingesetzter Luftfilter, noch unsteril, an Silikonschlauch mit Belüftungsstein).

Unten: Material im Schnellkochtopf auf Heizplatte, zum Autoklavieren bereit. Statt Wasser dest./ ention. Wasser nehmen (--> keine Kalkrückstände).

 

Ein bereits benutzter Luftsterilfilter kann mehrfach eingesetzt werden, wenn er wieder autoklaviert wird: mit Silikonschlauch, Filtereinheit und Belüftungsstein aus Edelstahl in hitzefesten Entsorgungs-beutel (Ersatz: hitzefester Bratschlauch Toppits) einpacken, locker schliessen und 15 min im Dampf-kochtopf nach Erreichen der Sterilisationstemperatur von 121 °C (= 2. roter Ring, cf. Abb. 45) belassen.

mikrobielles Handling.jpg

Wichtiger Hinweis:

Das genaue Vorgehen der Sterilisationsverfahren sowie allgemeine Methoden zur Hefezucht und weiterer

mikrobiologischer Techniken im Braulabor, die steriles Arbeiten erfordern, sind auf dieser Website unter

"MIKROBIOLOGISCHES BRAULABOR I  >  1.2. Mikrobiologie im Gärlabor - Ausstattung und allgemeine

Grundregeln" und in den zahlreichen "Braulabors" Nr. 10 bis 18  u.a. mit ausführlichen pdf-Dokumenten

(= Versuchsanleitungen) ausführlich beschrieben.

direkter Link zu "Ausstattung und Grundregeln"  und  "Braulabor 10 - 18"    

6. SCHLUSSFOLGERUNGEN und HYGIENELEITFADEN   
6.1. Konsequenzen           
Gereinigte saubere Braubehälter und ebenso hygienisch tadellose Brauutensilien sind mitentscheidend für gelingende
Biere. Von daher gilt
  • gesamtes Braumaterial immer sofort während und nach dem Gebrauch einweichen, vorwaschen, ausspülen und reinigen
  • vorsichtig mechanisch reinigen --> keine Kratzer als Ökonischen für Mikroorganismen schaffen
  • nirgendwo würzehaltige Kontaminationen tolerieren
  • je nach Geräteart und Materialien die optimalen Reinigungs- und Desinfektionsmittelkombination evaluieren und
       besorgen
  • genügend Desinfektionsmittel zur Oberflächenbehandlung von Braugefässen bereit halten (oder selbst herstellen!)
  • auch die Brauumgebung in die Hygieneüberlegungen miteinbeziehen und Massnahmen festlegen
  • immer gut vorbereitet in den Brauprozess einsteigen: alle Zutaten und Arbeitsgeräte gereinigt, wo notwendig desinfiziert
       und in einsatzbereitem Zustand übersichtlich angeordnet
  • ein ausführliches Brauprotokoll erleichtert die Kontrolle des Ablaufs des Brauprozesses sowie eine spätere evtl. Veränderung des Brauablaufs bzw. die Aufdeckung gewisser Schwachstellen
  • Hefezuchten inkl. Starterkulturen: minimale Infrastruktur beschaffen und Techniken einüben.
bierbrain.jpg
6.2. Hygiene-Leitfaden als Vorgehenshinweis für Heimbrauer           
Planung vor jedem Brauprozess ist besser als Improvisation oder (glücklicher/glückloser) Zufall. Daher ist neben einem Brauprotokoll auch eine Hygiene-Checkliste sinnvoll. Diese umfassen folgende Aspekte:
  • Checkliste aller verfügbaren Reinigungs- und Desinfektionsmittel sowie der Einsatzmöglichkeiten der vorhandenen Sterilisationsgerätschaften
  • Reinigungs- und Desinfektionscheckliste der eigentlichen Brauapparatur (dazu gehören 1. Maischebottich; 2. Läuterbottich; 3. Sudkessel; 4. Whirlpool und Würzekühler; 5Gärtank für Primärgärung; 6. Probeentnahmesystem (z.B. zur Bestimmung der  SG-Werte [Zucker-/Extraktgehalt]); 7. Lagertank/ Flaschen für Sekundärgärung)
  • Reinigungs- und Desinfektionscheckliste für alle weiteren benötigten Brauutensilien, Arbeitsgeräte und Messgeräte.
  • Checkliste (Gefahren, Reinigungs- und Desinfektionsmöglichkeiten) der Brauumgebung: dazu gehören 1Brauumgebung [z.B. Braukeller, Braulabor, Küche, Garage, Freiluft], 2. Malzlager, 3. Schrotmühle, 4. Flaschenabfüllsystem.
Eine ausgearbeitete "Checkliste und Leitfaden zur HYGIENE beim  Heimbrauen" ist im "Mikrobiologisches Braulabor II" unter Braulabor 33 als PDF-Dokument zu finden.

7. BEZUGSQUELLEN CH - DE - AT   Reiniger/Desinfektionsmittel für Heimbrauer

Bier_Desinfektionsmittel.jpg

Abb. 55. Desinfizieren -  aber bitte nicht direkt das Bier ........

(nur TRUMP als Heimbrauer würde dies tun  :-!).

8. Zusätzliche Literatur/ Informationsquellen

  1. Besser Bier Brauen: Reinigung von Braugeräten und Schankanlagen. [Internet-Quelle] 

  2. Brücklmeier, J. Bier Brauen. Grundlage, Rohstoffe, Brauprozesse. 1. Aufl. (2018). Eugen Ulmer, Suttgart.

  3. Clau-Dieter, P., Rotthues, A. Fachwissen Biologie und Biotechnik. 2. Aufl. (2015). Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten.

  4. Forschungsinstitut für biologischen Landbau Deutschland e.V. (FiBL), Hrsg. Leitfaden Reinigungs- und Desinfektionsmittel. Umweltfreundliche Reinigung und Hygiene in Lebensmittelbetrieben. 52 S. (2017). [pdf-Bezug].

  5. Keweloh, H. Mikroorganismen in Lebensmitteln. Theorie und Praxis der Lebensmittelhygiene. 7. Aufl. (2019). Fachbuchverlag Pfanneberg, Haan-Gruiten.

  6. Krämer, J., Prange, A. Lebensmittel-Mikrobiologie. 7. Aufl. (2017). Eugen Ulmer KG, Stuttgart.

  7. Ladeberger, A. Reinigung und Desinfektion im Hobbybereich. [Internet-Quelle]

  8. MashCamp. Reinigung und Desinfektion: Hygiene-Grundlagen für Heimbrauer. [Internet-Quelle

  9. Palmer, J.J. erfolgreich Bier brauen. Ein Ratgeber für Anfänger und Fortgeschrittene. 1. deutsche Aufl. (2019). Mobiwell Verlag, Immenstadt. [cf.  hier]

  10. Staudt, A. Zweckmässige Hygiene im Hobbybereich, Teil 1: Reinigung. Brau!Magazin, Frühjahr 2020. [Artikel].

  11. Staudt, A. Zweckmässige Hygiene im Hobbybereich, Teil 2: Desinfektion. Brau!Magazin, Herbst 2020. [Artikel: noch nicht erschienen].

  12. Waldron, M. Quality Labs for Small Brewers. Building a Foundation for Great Beer. 1. Aufl. (2020). Brewers Publications, Boulder CO.

Brau-Handbuch.jpg
Bierflasche gereinigt.jpg
Bierflasche sauber 1
9. ANHANG: Wann ist eine BIERFLASCHE "sauber" bzw. "keimarm" oder gar "keimfrei"? - Eine experimentelle Untersuchung
9.1. Ausgangspunkt und Versuchsansätze           
In einer mehrfachen Versuchsserie wurde die in der Heimbrauliteratur kontrovers behandelte Fragestellung "Wann ist eine Bierflasche sauber, keimarm oder gar keimfrei (steril)?" experimentell untersucht. In der deutschen Literatur wird meist vor dem "Flaschenbacken" gewarnt, während in der US-Literatur das häufig empfohlen wird. In Abb. 56 werden einige Aussagen verschiedener Autoren zum Thema Flaschenreinigung zusammen gefasst.
Zudem wurde die Wirksamkeit chemischer und physikalischer Desinfektionsverfahren an kontaminierten Oberflächen untersucht sowie der mögliche Keimeintrag aus Luft und Boden (Kontaminationsgefahr durch Brauumgebung) abgeschätzt.
 
 
 
 
 
 

 

 
 
 
 
 
 

Abb. 56. Meinungsspektrum zum Thema "Reinigung von Bierflaschen" vor dem Abfüllen.

Von  Spülen mit heissem Wasser  zum  Desinfizieren mit einem chemischen Desinfektionsmittel  bis zur Hitzedesinfektion bzw. -sterilisation mit trockener Luft von 70 bis 177 °C  lauten die Empfehlungen. 

Ergänzung: Kai Büchner, M.Sc., TU München, Lehrstuhl für Brau- Getränketechnologie, "Ich bin persönlich großer Freund davon, die Flaschen einfach für 20 min bei > 120°C im Backofen zu sterilisieren. Dazu gebe ich gern ein paar Tropfen Wasser in die Flaschen, weil feuchte Hitze effektiver ist. Die Flaschen sollten mit dem Backofen zusammen aufgewärmt werden, weil sie sonst springen könnten."  (persönliche Mitteilung, Mail vom 20.11.2020).  

US-Autoren: Palmer, Hughes, Karnowski, Nachel.    Link hobbybrauer.de                                                                                                                                              

Desinfektionsversuche.jpg

Versuchsansätze zur Hygiene von Luft und Bodenfläche im Gärkeller, Oberflächen und Bierflaschen

  1. Untersuchungsobjekte: Bierflaschen (Typ: Flasche 0.33 Lit. Longneck KK), Oberfläche des mikrobiologisches Arbeitsplatzes (Wandfliese für Badezimmer, [ganz glatte Oberfläche]), Braukellerluft, Braukellerboden.

  2. Keimzahlbestimmungen (KBE) bzw. Sichtbarmachung des Mikroorganismenwachstums zu Kolonien:

       Komplexnährboden [KNB] für Bakterien, Pilze und Hefen: Ein komplexes Nährbodenrezept zur Erfassung möglichst vieler Bakterien, Pilze, Hefen

       und der sog. Bierschädlinge  wurde wie folgt designt: 1/3 Nährbouillon-Standardfestmedium für Bakterien & Pilze (Rindfleischextrakt 3g/L, Pepton

       aus Gelatine 5g/L, 17 g Agar/L); 1/3 Malzextrakt-Agar (Malzextrakt 12.75 g/L, Pepton aus Gelatine 0.78 g/L, Glycerin 2.35 g/L, Dextrin 2.75 g/L, Agar

       15 g/L; Universal-Bier-Agar (peptonisierte Milch 15 g/L, Hefeextrakt 10 g/L, Dextrose 10 g/L, Tomatensaft 10 g/L, Kaliumphosphat K3PO4 0.5 g/L,

       Dikaliumphosphat K2HPO4 0.5 g/L, Natriumchlorid NaCl 0.01 g/L, Magnesiumsulfat MgSO4 0.01 g/L, Mangansulfat MnSO4 0.01 g/L, Eisensulfat

       FeSO4, Agar 12 g/L; zusätzlich: Glucose 20 g/L, Go-Ferm-Protect Evolution 0.3 g/L.

       Sämtliche untersuchten Objekte werden entweder als

       - Oberflächen-Abklatsch (mit KNB-Nähragar total gefüllte Petrischalen), oder

       - Flüssigkeitsauszug auf KNB-Agar pipettieren, Spatelplattenverfahren nach Methode

         "Braulabor 30 - Bestimmung der Gesamtkeimzahl KBE [Kolonie bildende Einheiten],

         d.h. Flüssigkeit ausplattieren (cf. auch Abb. 7 und 8 hier)

 

3. Versuchsansätze

3.1. Kontrollansatz: KNB1: Nähragarplatten unbeimpft bebrüten (30 °C, 2 Tage). Es dürfen keine Kolonien wachsen, sonst wären die KNB-Agarplatten

        kontaminiert gewesen.

3.2. Luftkeimfangplatten (= Luftfangplatten [LFP]): Methode cf. Braulabor 26 "Wie keimreich ist die Luft im Braukeller?". Luftfangplatte mit KNB-Nährboden,

        Expositionsdauer 30 min, Tischhöhe.

        Ansatz LFP1: normale unbehandelte Luftumgebung.

        Ansatz LFP2: Luftbehandlung mit "Sichler Ionisierer": Luftreiniger mit Ionisator, UV-Licht, Staubfilter und Gebläse, 10 Watt (Info), 60 min.

        Ansatz LFP3: Bestrahlung der Luft mit einem UV-Sterilisierstab (Info), 30 min.

        Ansatz LFP4: Reinigung der Luft mit "Sichler Ionisierer" und Reinigung des Braukellerbodens

3.3. Oberflächenkontamination Boden im Braukeller, Abklatschverfahren [ABB]: Eine total mit UNB-Nährmedium gefüllte Agarplatte wird umgekehrt auf

        die Bodenfläche gedrückt, leichte rotierende hin-und-her-Bewegung, 30 sec (Abb. 63).

        Ansatz ABB1: unbehandelter Kellerboden

        Ansatz ABB2: gereinigter Gärkellerboden (nass aufgewischter Plattenboden, mit Universalreiniger [ökologischer Allzweckreiniger ECOVER, Info])

        Ansatz ABB3: gereinigter Gärkellerboden (nass aufgewischter Plattenboden, nachgereinigt mit Dettol Desinfektions-Reinigungstücher (<5% anionische

                                Tenside, Desinfektionsmittel, Konservierungsstoffe: Benzylalkohol, Benzoesäure, Sorbinsäure, Kaliumsorbat, Duftstoffe; pro 100g Produkt:

                                0,5g Benzalkoniumchlorid).

3.4. Oberflächenkontamination "Mikrobiologischer Arbeitsfläche" (= Wandfliese, Abb. 66): Abklatschverfahren [AMA]. Eine total mit KNB-Nährmedium

       gefüllte Agarplatte wird umgekehrt auf die zu testende Fläche gedrückt, leichte beidseitig rotierende Bewegung, 30 sec.

        Ansatz AMA1-4:      Wandfliese, 1 bzw. 3 Wochen unbehandelt oder zusätzlich kontaminierter Arbeitsfläche (z.B. mit "Haarstaub"), Abklatsche seitlich

                                          oder mitten unter der Plexiglashaube  (Abb. 66)

        Ansatz AMA5/6:      Wandfliese mit Meliseptol HBV behandelt (alkoholisches Schnelldesinfektionsmittel für Flächen [pro 100 g: Propan-1-ol 50 g,

                                          Didecyldimethylammoniumchlorid 0.075 g], AMA1-Fläche abgewischt, 1 min Einwirkungszeit, dann Abklatsch wie AMA1

        Ansatz AMA7-10:    Wandfliese mit Propanol 65% bzw. Ethanol/Propanol-Mischung 62.5%/7.5%  behandelt: nass eingesprüht,  30 sec bzw. 60 sec

                                          Einwirkungszeit, abwischen mit desinfiziertem Kosmetiktüchlein, dann Abklatsch wie AMA1

        Ansatz AMA11:       über mit 65% Propanol gereinigter Wandfliese Kopfhaare während 10 sec mit Hand durchwühlend ausgeschütteln (= sozusagen mit

                                          Haar-/Kopfkeimen beimpfen!)

        Ansatz AMA12/13: UV-Bestrahlung AMA11-Fläche mit Sterilisierstab Yardwe (Info) während 3 und 10 min mit maximal einstellbarer Intensität, Abstand

                                         zur Arbeitsfläche 10 cm.

 

3.5. Keimnachweis in Bierflaschen (FKBE) nach verschiedenen Reinigungs-/Entkeimungsverfahren:

 

        Vorgehen:  1. Sterile physiologische Kochsalzlösung (100 mL ention. H2O, 0.9% NaCl (= 0.9 g), 15 min. bei 121 °C im Schnellkochtopf autoklavieren).

                            2. Mit steriler 10-mL-Pipette 5.0 mL physiologische Kochsalzlösung (= "Flaschenspülwasser") in zu untersuchende Bierflaschen einbringen

                            3. Bierflasche mit entkeimter Alufolienkappe während 30 sec kräftig schütteln

                            4. Inhalt Bierflasche in sterilen Petrischalendeckel giessen, mit Dispenser-Pipette 200 μL aufnehmen und in UNB-Agarplatte pipettiueren

                            5. Mit abgeflammtem sterilem Drigalskispatel die 200 μL Probe auf UNB-Agarplatte verteilen (cf. Technik hier und hier > Abb.7 und 8)

                            6. Beimpfte KNB-Nähragarplatten inkubieren (cf. Abb. 7):  30 °C, 2 Tage.

       Ansätze:      FKBE1:           Bierflasche offen im Braukeller gelagert, normal gereinigt (mechanisch, heiss 3x ausgespült, getrocknet,  Flaschenöffnung nach oben)

                            FKBE2/3:       2 verschiedene Bierflaschen mit Handbürste mechanisch gereinigt, heiss 3x gespült, keine Lagerung, sondern sofort mit sterilem

                                                   Spülwasser gespült und 200 μL aus 5.0 mL "Spülwasser" ausplattiert

                            FKBE4/5:       2 verschiedene Bierflaschen mit Handbürste mechanisch gereinigt, heiss 3x gespült, 2 Wochen am Flaschenbaum gelagert (mit Öffnung

                                                   nach unten aufgehängt), anschliessend 200 μL aus 5.0 mL "Spülwasser" ausplattiert

                             FKBE6:          Bierflaschen in Geschirrspüler V-Zug AG, Adora S (Info), Automatikprogramm

                             FKBE7/8:      Bierflaschen in Geschirrspüler V-Zug AG, Adora S (Info), Hygieneprogramm

                             FKBE9/10:    Bierflaschen im Backofen, Dampf, ohne Wasserzugabe in Flasche, 70 °C, 20 min (10 min Aufheizzeit, 20 min Abkühlzeit)

                           FKBE11/12:  Bierflaschen im Backofen, Dampf, mit Zugabe von 5 mL frischem Leitungstrinkwasser zu FKBE11 bzw. steriler physiologischer  

                                                   Kochsalzlösung zu FKBE12 in Flasche, 70 °C, 20 min

                             FKBE13/14: Bierflaschen im Backofen, Dampf, ohne Zugabe von 5 mL steriler physiologischer Kochsalzlösung in Flasche, 80 °C, 20 min

                             FKBE15/16: Bierflaschen im Backofen, Dampf, mit Zugabe von 5 mL steriler physiologischer Kochsalzlösung in Flasche, 80 °C, 20 min

                             FKBE17:       Bierflaschen im Backofen, trockene Umluft, ohne Wasserzugabe in Flasche, 120 °C, 20 min

                             FKBE18/19:   Bierflaschen im Backofen, trockene Umluft, mit Zugabe von 5 mL sterilem Leitungstrinkwasser in Flasche, 120 °C, 20 min.

Ausplattieren_Abfolge.jpg
Abklatschverfahren.jpg

Abb. 57. Abklatschverfahren zur Sichtbar-machung der Keime - Keimbelastung von Oberflächen.

Eine (fast) total gefüllte Nähragarplatte wird sanft nach unten auf die zu testende Oberfläche, hier Kellerboden gedrückt, während 10 sec 1-2 mm nach links und rechts leicht gedreht, um einen optimalen Kontakt mit der Oberfläche zu erhalten.

Abb. 58. Ausplattieren von Mikroorganismen-haltigen Suspensionen zur qualitativen und teilweise quantitativen Sichtbarmachung von Mikroorganismen.

Versuchsansätze
9.2. Resultate und Interpretation           
Sämtliche Versuchsansätze wurde immer doppelt oder mehrfach durchgeführt.
 
1. Kontrollansatz
Kontrollversuch_Keimbelastung.jpg

Abb. 59. Kontrollansatz KNB1.

Die Nähragarplatten wurden nach dem Giessen und Erkalten des heissen KNB-Agars im Mikroinkubator bebrütet: 2 Tage, 30 °C.

Resultat: keine Kolonien von Mikroorganismen sichtbar.

Fazit: Die UNB-Agarplatten sind also mit der auf dieser Webseite beschriebenen Steriltechnik tatsächlich steril und dürfen für die Versuche eingesetzt werden.

2. Luftkeime im Braukeller

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Luftkeime_Braukeller.jpg

Abb. 60. Luftfangplatten mit Mikroorganismen aus der üblichen Luftumgebung im Braukeller.

Bedingungen 3 x LF1: Exposition 30 min, Luft vor dem Versuchsansatz nicht behandelt. Orte der Exposition: 1 Höhe Arbeitstisch, 2 Kellerboden, 3 Türe zum Braukeller mit Kontakt zu benachbartem Kellerraum mit Aussentüre. Die Luftfangplatten wurden an verschiedenen Tagen während Ruhephasen aufgestellt (d.h. keine Bewegungen im Braukeller). Bebrütung: 2 Tage, 30 °C.

Resultate: Es sind Bakterienkolonien (matt, glänzend, z.T. farbig (= pigmentiert) sowie Pilzkolonien (wattig, gross) sichtbar. In der mittleren Bodenluftfangplatte ist links der rasch sich ausbreitende eim Bacillus cereus var. mycoides zu sehen. Luftfangplatte 3 (rechts vergrössert) zeigt wattige Pilzkolonien sowie typische pilzähnliche Actinomyceten-Kolonien (Streptomyceten mit muffigem Erdgeruch). Vgl. ähnliche Koloniebilder hier > Abb. 1..

Genauere Beschreibung/ Differenzierung der Mikroorganismen unter "Braulabor 26 - Wie keimreich ist die Luft im Braukeller" (pdf-Dokument).

Mehr Keime hat es natürlich in der Luft, wenn im Braukeller gearbeitet wird: durch die Bewegungen werden bodenhaftende und staubgebundene Keime zusätzlich aufgewirbelt: siehe

Luftkeime bei Aktivitäten.

Fazit: Die Gefahr einer Kontamination durch "Luftkeime" inkl. durch vom Boden aufgewirbelte Keime besteht, ist aber nicht so gross, wie man evtl. gefühlsmässig annimmt. Es gibt also keinen eigentlichen "Keimregen", der z.B. beim Anstellen der Hefen gefährlich werden könnte. Wesentlich heikler sind allerdings Luft- und besonders Obererflächenkeime beim Überimpfen von Reinzuchthefen oder bei anderen mikrobiellen Manipulationen mit Hefen oder Bakterien (cf. Abb. Beimpfung Schrägagar).

Luftfang Detail.jpg
Luftbehandlung_UV_Ionisator.jpg

Abb. 61. Reinigung von Luft.

A: Luftreiniger Sichler LR-400.uv: mit Ionisator (negative Ionen), UV-Licht,

Staubfilter und Gebläse [Info]. Der Braukeller hat ein Volumen von 16 m3.

B: Versuchsanordnung UV-Bestrahlung von Luft. Der UV-Sterilisierstab

Yardwe wird in 10 cm Höhe über der Luftfangplatte fixiert. Das UV-Licht ist auf der Aluminiumfolie sichtbar. Der Timer rechts ist auf 30 min eingestellt.

Luftfangplatten Ionisator_UV.jpg

Abb. 62. Luftfangplatten von Mikroorganismen untere "gereinigter" Luft.

Ansatz Luftreinigung LFP2: LF 15+LF16. Bedingungen: Luft während 30 min/ 60 min mit Ionisator & UV vorgereinigt und während Exposition von 30 min/ 60 min mit Gebläse weiter laufen gelassen. Bebrütung 2 Tage, 30 °C.

Ansatz UV-Luftbestrahlung LFP3: Bedingungen: UV-Bestrahlung der nicht abgeschirmten Umgebungsluft im Braukeller in 10 cm Distanz während 30 min Exposition der Luftfangplatte. Bebrütung 2 Tage, 30 °C.

Resultate: Im Vergleich zu der unbehandelten Luft im Ansatz LFP1 Abb. 60 ist das Ergebnis überraschend eindeutig: sowohl bei 30 und 60 min Exposition bei laufender Luftreinigung sind nur ganz wenige Keime nachweisbar. LF15: ein "Staubhaar" links hat eine längliche "Koloniespur" verursacht, wahrscheinlich durch das Gebläse vom vor dem Versuch nicht gereinigten Boden aufgewirbelt. Bei der doppelt so langen Expositionsdauer LF16 sind nur gerade 2 Bakterienkolonien gewachsen (eine grosse in der Mitte, eine Minikolonie rechts oben am Rand).

F19: Die UV-Bestrahlung hat alle Luftkeime, die während der 30-minütigen Exposition der Agarplatte LFP3 abgetötet.

Fazit: Sowohl die Luftreinigung als auch die UV-Bestrahlung sind sehr wirkungsvolle Methoden, um die Kontamination durch Keime aus der Umgebungsluft zu minimieren. Praktikabel ist allerdings nur die Luftreinigung, da die UV-Bestrahlung nur oberflächlich und auf kurze Distanz wirksam ist und keinesfalls bei Anwesenheit des Brauers angewendet werden darf (UV kann vielseitig schädigend wirken: Info).

3. Oberflächenkontamination BODEN im Braukeller

Abb. 63. Abklatsch des Braukellerbodens.

Bedingungen: ABB1 Fussboden ist seit mehreren Woche ungereinigt, er wird aber nur mit Hausschuhen, also rel. sauber betreten. Abklatsch an 2 verschiedenen Stellen. 30 sec drücken und beidseitig drehen, Bebrütung 2 Tage, 30 °C.

Abklatschversuch von einem frisch gereinigten und zusätzlich noch teildesinfizierten Kellerboden cf. Abb. 64.

Resultat: Recht deutlicher und intensiver Bewuchs mit Bakterien, Fadenpilzen und Streptomyceten. Beim Betreten eines Fussbodens werden natürlich immer wieder Mikroorganismen vom Boden in die Luft auf-gewirbelt und stellen dadurch eine zusätzliche Kontaminationsgefahr dar.

Fazit: Ein Fussboden ist immer stark kontaminiert, besonders viele Bodenkeime, aber auch typische pigmentierte Luftkeime sind nachweisbar.

Abb. 64. (oben rechts --> ).

Abklatsch des gereinigten Braukellerbodens.

Bedingungen: ABB2 (= Ab 8, Ab 9): Fussboden wird gemäss Dosierungsanweisung mit dem Universal-Reinigungsmittel ECOVER an zwei verschiedenen Stellen nass aufgenommen, dann abgeklatscht. Anschliessend Bebrütung 2 Tage, 30 °C.

ABB3 (= Ab 10): An einer mit ECOVER gereinigten Stelle wird der Boden zusätzlich mit 2 Dettol-Reinigungstücher mit desinfizierender Wirkung intensiv während 60 sec "nachgereinigt", so dass diese Bodenfläche ständig feucht blieb. Anschliessend Bebrütung 2 Tage, 30 °C.

Resultate: Ein normales Universalreinigungsmittel ändert das optische Bild eines Bodenabklatsches deutlich, es zeigt sich ein anderes Wachstumsmuster der Kolonien: zunächst viel kleinere, aber mehr morphologisch einheitliche (identische?)  Mikrokolonien. Andere Mikroorganismen als die in Abb. 63 dominierenden Keime kommen somit zum Vorschein,

die Mikroorganismenvielfalt wird deutlich reduziert.

Ablatsch Boden 2.jpg
Boden gereinigt.jpg
Luftfang_Luft Boden gereinigt.jpg

(Abb. 64 Forts.)

Die intensive Nachreinigung mit Benzalkoniumchlorid wirkt gegen Bakterien, Pilze, Hefen und Algen und in geringem Masse auch antiviral. Es zeigt tatsächlich eine erstaunliche Wirkung, allerdings wurden auf einer Fläche von nur 60 x 30 cm (= 0.18 m2) zwei Dettol-Tücher eingesetzt. Eine grössere Fläche so zu reinigen wäre zu aufwändig und zu kostspielig.

Fazit: Normale Reinigung verändert die Zusammensetzung der Mikroorganismenpopulation, gewisse Keime werden quantitativ deutlich reduziert,  aber mikrobiell ist der ständig begangene Fussboden immer noch ein deutlicher Keimträger. Periodische Reinigung ist also zwingend.

Abb. 65. Luftfangplatten nach Reinigung der Luft und des Bodens.

Bedingungen: LFP4 (= LF 17, LF 20).

LF 17: Kellerboden gereinigt mit Universalreiniger ECOVER (cf. Abb. 64, ABB2). Exposition 30 min, Luft ungereinigt, Ort: am Boden. Nach Exposition der Luftfangplatten wird der Braukeller nicht mehr betreten.

LF 20: gereinigter Kellerboden, zusätzlich Luftreinigung mit Ionisator + UV, 60 min; keine Aktivitäten im Braukeller  während  Exposition von 60 min am Boden.

Resultate: Die normale Bodenreinigung hat einen sehr wirkungsvollen Effekt auf die "Luftkeime", d.h offenbar wird die Zahl der normalerweise aufgewirbelten Staubpartikel mit Mikroorganismen massiv reduziert. Noch deutlicher wird das bei der kombinierten Reinigung von Boden und Luft: keine keimhaltigen Partikel landen während einer Stunde der geöffneten Luftfangplatte.

Fazit: Allein schon die konventionelle Reinigung des Bodens reduziert die Luftkeimzahl deutlich. Eine zusätzliche Luftbehandlung Ionisation/UV reduziert die Keimzahl praktisch auf Null, d.h. es besteht kaum eine Kontaminationsgefahr aus der Umgebungsluft, solange keine Aktivitäten wie Bewegung im Raum stattfinden.

4. Oberflächenkontamination MIKROBIOLOGISCHE  ARBEITSFLÄCHE

 

 

 

 

 

 

Abklatsch Sterilbench.jpg

Abb. 66. Mikrobiologische Arbeitsfläche - Abklatschverfahren zur Bestimmung der Keimbelastung.

Bedingungen: Die Arbeitsfläche, eine Badezimmer-Wandfliese 32 x 65 cm, ist immer durch eine Plexiglas-Schutzhaube abgedeckt. Links und rechts daneben sind zwei Gasbrenner, die immer während mikrobiologischen Arbeiten wie Giessen von Nähragarplatten oder Überimpfen von Hefen auf Stammkulturen angezündet sind. Die aufsteigende Hitze reisst Keime nach oben, verhindert somit das Absetzen von Luftkeimen auf der Arbeitsfläche bzw. auf sterilem Gut wie zu beimpfende Nähragarböden .

Abklatschversuch mit einer total gefüllten KNB-Agarplatte: Die KNB-Agarplatte wird während 30 sec auf die glatte Oberfläche sanft angedrückt und leicht hin- und her gedreht, anschliessend bei 30 °C während 2 Tagen bebrütet.

Abklatsch Sterilbench 2.jpg

Abb. 67. Abklatschplatten Mikrobiologische Arbeitfläche.

Bedingungen: Die Arbeitsfläche ist seit ca. 3 bzw. 1 Woche unbehandelt (nicht gereinigt).

AMA1 Agarplatte, links: seitlich ausserhalb der Haube abgeklatscht, Fläche 3 Wochen nicht gereinigt.

AMA2 Agarplatte, Mitte: mitten unter der Plexiglashaube abgeklatscht, Fläche 3 Wochen unbehandelt.

AMA3 Agarplatte, rechts: mitten unter der Plexiglashaube abgeklatscht, Fläche vor 1 Woche desinfiziert.

Resultate: Alle Agarplatten weisen reichliches mikrobielles Wachstum auf, es dominieren rasch wachsende, sich stark ausbreitende Kulturen von myzelbildenden Actinomycetales* neben wenigen  Pilzkolonien (z.B. Ascomyceten [Info]). Unter dem Mikroskop (600 x) sind nach einigen Tagen keulenförmige Zellen zu erkennen.

links: Je länger der Luft exponiert, desto stärkerer Bewuchs (mehr Kolonien, die sich gegenseitig bedrängen).

mittig: unter der Plexiglashaube etwas geschützt vor den landenden Luftkeimen, weniger sich gegenseitig konkurrenzierende Kolonien, daher etwas grösser im Durchmesser.

rechts: deutlich weniger pilzähnliche Kolonien der Actinomycetales, dafür mehr klassische Formen von  Bakterienkolonien (eher kleine, cremige Häufchen, die sich gegen die rasch ausbreitenden Actinomyceten noch durchsetzen können).

Fazit: Unbehandelte oder längere Zeit nicht gereinigte Oberflächen sind i.d.R. stark mit Keimen belastet. In einem Kellerraum mit meist höherer Luftfeuchtigkeit sind Bodenkeime von draussen eingeschleppt sowie Actinomyceten nicht selten [Info].   Reinigung & Desinfektion sind unentbehrlich.

mikrobiol Arbeitsfläche desinfizieren.jp

Abb. 68. Auswirkung eines kommerziellen Desinfektionsmittels  auf die Oberflächenkeimbelastung der mikrobiologischen Arbeitsfläche (cf. Abb. 66).

Bedingungen: Die Arbeitsfläche ist seit 1  Woche unbehandelt (nicht gereinigt).

AMA4 (links, Ab 12): seitlich ausserhalb der Haube abgeklatscht. Bebrütung: 2 Tage, 30 °C.

AMA5 (mittig, Ab 13): Fläche ausserhalb der Haube des Arbeitsplatzes mit 1 Meliseptol-Tüchlein abgewischt, nach 60 sec abgeklatscht und bebrütet.

AMA6 (rechts, Ab 14): Fläche unterhalb Haube mit 1 Meliseptol-Tüchlein sorgfältig abgewischt, nach 60 sec abgeklatscht und bebrütet.

Resultate: AMA4 zeigt "normale" Kontamination, vergleichbar Abb. 67 AMA3. Diese Keime werden immer wieder eingeschleppt vom Nachbarkellerraum, der eine direkte Verbindung nach aussen und damit zur Aussenluft, Erde, Garten etc. aufweist. AMA5 zeigt eine geringere Kontamination, eine eindeutig geringere Mikroorganismenvielfalt, einheitliche Minikolonien grossflächig ausgebreitet. AMA6* zeigt keine Kolonien, die sorgfältige Behandlung und der Wirkstoff Didecyldimethylammoniumchlorid (Desinfektionsmittel für den Lebens- und Futtermittelbereich, Info) scheinen sehr effektiv zu sein.

*: Kleine "Unreinheiten" sind unterhalb des Nähragars auf der Bodenseite der Petrischale lokalisiert, es sind kleine Luftblaseneinschlüsse und grossflächigere Luftkissen infolge der Ablösung beim Abklatschverfahren vom Bodenteil der Petrischale. Bei vergrösserter Betrachtung (z.B. Zoom 300%) lassen sich die Unterschiede "Bakterienkolonien" vs. "Luft- bzw. Agarartefakte" erkennen.

Abb. 69. Auswirkung selbst angesetzter alkoholischer Desinfektionsmittel auf die Oberflächenkontamination der mikrobiologischen Arbeitsfläche.

Bedingungen: Arbeitsfläche wurde zunächst 1 Woche nicht gereinigt, dann linke Hälfte mit Propanol-2-ol 65% und rechte Hälfte mit Ethanol/Propanol-2-ol 62.5%/7.5% vollständig nass eingesprüht (cf. Info hier). Nach 30 sec (Agarplatten oben) oder nach 60 sec Einwirkungszeit (Agarplatten Mitte) mit einem ebenfalls mit der identischen Desinfektionslösung genässten Kosmetiktüchlein abwischen. Probeentnahme nach dem üblichen Abklatschverfahren. Bebrütung: 2 Tage bei  30 °C.

Resultate: AMA7 (30 sec) und AMA8 (60 sec) zeigen deutlich, dass Propanol ein gutes Desinfektions-mittel ist, aber eine Einwirkungszeit von ≥ 60 sec sinnvoll ist. Bei 30 sec hat sich ein sehr rasch wachsender Keim durchsetzen können (cf. in Agarplatte einmontierter vergrösserter Ausschnitt: Bacillus cereus var. mycoides, eingeschleppt aus Erde und sehr rasch wachsend auf stärkehaltigem Agar dank β-amylase).

AMA8 (30 sec) und AMA9 (60 sec) zeigen eindrucksvoll die Wirkung der desinfizierenden Alkoholmischung Ethanol/Propanol, aber auch erst nach 60 sec.

Fazit (Abb. 68+69): Alkoholische Desinfektionsmittel auch ohne Zusatz von weiteren desinfizierenden Bioziden wie quartären Ammoniumverbindungen (QAV) sind nach reinigendem Abwischen und ausreichender Einwirkungszeit stark desinfizierend. Selbst angesetzt sind sie kostengünstige wirkungsvolle chemische Desinfektionsmittel!

Desinfektion Arbeitsfläche 2.jpg
Oberflächen UVC-Bestrahlung.jpg

Abb. 70. Auswirkung einer UVC-Bestrahlung auf die Oberflächenkontamination der mikrobio-logischen Arbeitsfläche.

Bedingungen:  AMA11: Ungereinigte Arbeitsfläche wurde zunächst mit "Haarstaub" beimpft, abgeklascht und bebrütet (2 Tage, 30 °C).

AMA12/13 : Mit dem UV-Sterilisierstab Yardwe wurde in 10 cm Höhe die Arbeitsfläche 3 und 10 min bestrahlt (cf. Abb. 47), abgeklatscht und bebrütet.

Resultate: 1 = AMA11 ist vollständig überwachsen mit einem beeindruckenden massiven Bakterienkolonien-teppich (wahrscheinlich Actinomyceten). Haare wirken als "Mikroorganismenfilter".

2 = AMA12: 3 min UV-Bestrahlung hemmen bereits deutlich das Wachstum der Bakterienkolonien.

3 = AMA13: 10 min UVC hemmen vollständig mikrobielles Wachstum.

Fazit: Eine UV-Bestrahlung ist schon nach 10 min vollständig wirksam, d.h. nicht nur desinfizierend, sondern geradezu sterilisierend. Die Empfehlung des Herstellers betr. Einwirkungszeit lautet ≥ 15 min.

5. Keimnachweis in BIERFLASCHEN nach verschiedenen Reinigungsverfahren

 

 

 

 

 

 

Reinigung Geschirrspüler.jpg

Abb. 72. Reinigung von Bierflaschen im Geschirrspüler.

Die Reinigung erfolgte im Geschirrspüler Adora S von V Zug (Info).

Bedingungen:  FKBE6 = 1: Flaschen im unteren Geschirrkorb, Automatikprogramm (Reinigen 50-60 °C, Glanzspülen 65 °C, Dauer 1h 35 min).

FKBE7/8 = 2 und 3: Flaschen im unteren und oberen Geschirr-korb, Hygieneprogramm (Vorspülen 60 °C,  Reinigen 70 °C, Glanzspülen 70 °C, Dauer 1h 40 min).

Resultate: 1 = FKBE6 Die Koloniezahl ist verglichen mit den nicht gereinigten und handgewaschenen Bierflaschen deutlich geringer (53 KBE [Kolonie bildende Einheiten]), die Kolonien-morphologie ist sehr uniform, d.h. nur ein einziger Kolonietyp ist gewachsen.

2 = FKBE7 Die Koloniezahl ist sehr klein (5 KBE), alle vom gleichen Typ wie bei 1.

3 = FKBE8 Die Koloniezahl ist wiederum deutlich höher (geschätzte > 110 KBE).

Abb. 71. Keimbelastung in konventionell gewaschenen und gelagerten Bierflaschen.

Bedingungen: 1 FKBE1: Bierflasche mit Handbürste (Info) mechanisch gereinigt und heiss (ca. 60 °C) 3-fach gespült, anschliessend mit Flaschenöffnung nach oben offen gelagert, ca. 2 Wochen. 200 μL aus 5.0 mL "Spülwasser" ausplattiert. 2 FKBE 2,3: 2 verschiedene Bierflaschen mit Handbürste mechanisch gereinigt, heiss 3x gespült, keine Lagerung, sondern sofort mit sterilem Spülwasser gespült und 200 μL aus 5.0 mL "Spülwasser" ausplattiert.  3 FKBE 4,5: 2 verschiedene Bierflaschen mit Handbürste mechanisch gereinigt, heiss 3x gespült, 2 Wochen am Flaschenbaum (mit Öffnung nach unten aufgehängt) gelagert, 200 μL aus 5.0 mL "Spülwasser" ausplattiert. Bebrütung aller Agarplatten: 2 Tage, 30 °C.

Resultate: 1 = FKBE1 ist vollständig überwachsen mit zahlreichen Mikroorganismen-Kolonien, primär Bakterienkolonien, mit dem typischen Bild der gelben "Luftkeime" (wahrscheinlich Micrococcus luteus).

2 = FKBE2,3 trotz Reinigung und heisser Spülung überraschend viele Kolonien gewachsen, teilweise einheitliche Morphologie (FKBE2: wahrscheinlich nur eine thermophile Bakterien-species, FKBE3: wenige, aber verschiedene Species). 

3 = FKBE4,5: gereinigte ausgespülte Flaschen weisen massiv weniger Keime auf, sofern sie trocken korrekt gelagert werden, z.B. am Flaschenbaum. Ohne Feuchtigkeit ist kein mikrobielles Leben möglich, nur Sporen überdauern länger ein Trockenstadium.

Fazit: Neben der gründlichen mechanischen Reinigung inkl. Spülung ist Trocknung ein entscheidender Faktor zur Reduktion der Keimzahlen. Wer auf eine weitergehende Flaschen-behandlung wie Desinfektion oder Erhitzung vor dem Abfüllen verzichtet, sollte nicht direkt frisch gewaschene und noch nasse bzw. feuchte Bierflaschen verwenden.

(Abb. 72 Forts.)

Fazit: Die Reinigungswirkung im Geschirrspüler ist als relativ gut zu beurteilen, insbesondere das Hygieneprogramm (wohl als Folge der höheren Temperaturen). Im unteren Geschirrkorb ist die Spülintensität wirkungsvoller als oben. Es scheint sich nur um einen überlebenden Keimtyp zu handeln, der im oberen Bereich des mesophilen Temperatur-bereich wächst (45 °C) oder gar  thermophile Eigenschaften haben muss (> 45 °C).

Anmerkung: Es handelt sich bei "Geschirrspül-Mikroorganismen" meist um Bakterien aus den Gattungen Pseudomonas, Escherichia und Acinetobacter. Eine genaue Bestimmung steht noch aus.

Bierflaschen konventionell gereinigt.jpg
Backen 70  Dampf.jpg

Abb. 73. Entkeimung von Bierflaschen im Backofen

Bedingungen: FKBE9/10 (oben, Fl 7/Fl 8) im Backofen unter Dampfeinwirkung erhitzt, 70 °C, 20 min, ohne Wasserzugabe im Flascheninnern ("trocken"). Anschliessend Zugabe von 5 mL steriler Kochsalzlösung als Extraktionsmittel für Mikroorganismen aus dem Flascheninnern, davon dann 200 μL auf KNB-Agar ausplattiert. Bebrütung: 2 Tage, 30 °C.

FKBE11/12 (unten, Fl 9/Fl 10): dito wie FKBE6/7, aber bei Fl 9 Zugabe von 5 mL steriler Extraktionslösung vor Backofenerhitzung, bei Flasche 10 nicht steriles Leitungswasser (--> bessere Energie-/ Hitzeübertragung). Ausplattierung 200 μL auf KNB-Agar. Bebrütung: 2 Tage, 30 °C.

Resultate: FKBE9/10 = Fl 7 + 8 trotz Hitzebehandlung immer noch viele Bakterienkolonien. Die Keimreduktion ist sogar geringer als im Geschirrspüler Abb. 72.

FKBE11/12 mit Zugabe der wässrigen physiologischen Kochsalz-lösung (Extraktionslösung, bzw. Spüllösung) ist die Wärme-übertragung offensichtlich besser und dadurch auch die thermische Desinfektion.

Bei Zugabe einer nichtsterilen wässrigen Lösung zwecks besserer Hitzeübertragung und anschliessender Ausplattierung zur KBE-Bestimmung zeigt sich zusätzlich, dass die Hitze von 70 °C nicht zur vollständigen thermischen Desinfektion/ Sterilisation ausreicht.

Fazit: Feuchte Hitze ist deutlich effektiver als trockene Hitze, aber die Temperatur von 70 °C ist nicht ausreichend für eine vollständige Elimination der Mikroorganismen in den Bierflaschen.

Bierflaschen Backofen 80 Grad.jpg

Abb. 74. Entkeimung von Bierflaschen im Backofen.

Bedingungen: FKBE13/14 (obere Reihe, Fl 5/Fl 6) im Backofen unter Dampfeinwirkung erhitzt, 80 °C, 20 min, ohne Wasserzugabe im Flascheninnern. Anschliessend Zugabe von 5 mL steriler Kochsalzlösung als Extraktionsmittel für Mikroorganismen aus dem Flascheninnern, davon dann 200 μL auf KNB-Agar ausplattiert. Bebrütung: 2 Tage, 30 °C.

FKBE15/16 (untere Reihe, Fl 3/Fl 4): dito wie FKBE13/14, aber Zugabe von 5 mL Extraktionslösung vor Backofenerhitzung (--> bessere Energie-/Hitzeübertragung).

Resultate: FKBE13/14 deutlich weniger Kolonien gewachsen als beim Ansatz Dampf 70 °C Abb. 73 und Geschirrspüler Abb. 72.

FKBE15/16 extreme Reduktion der Keimzahl (KBE), zwischen 1 und 0 schwankend.

Fazit: Damperhitzen im Backofen bei sanften 80 °C und zusätzlicher Wasserzugabe zur effektiveren Hitzeübertragung ist eine sehr zuverlässige Methode zur sicheren Entkeimung von Bierflaschen.

Bierflaschen Backofen 120 Grad.jpg

Abb. 75. Entkeimung von Bierflaschen im Backofen.

Bedingungen: FKBE17  (links, Fl 3) im Backofen unter trockener Heissluft erhitzt, 120 °C, 20 min, ohne Wasserzugabe im Flascheninnern, dann langsam abkühlen. Anschliessend Zugabe von 5 mL steriler Kochsalzlösung als Extraktionsmittel für Mikroorganismen aus dem Flascheninnern, davon dann 200 μL auf KNB-Agar ausplattiert. Bebrütung: 2 Tage, 30 °C.

FKBE18/19 (mittig, Fl 5 und rechts, Fl 6): dito wie FKBE17, aber Zugabe von 5 mL sterilem Leitungswasser vor Backofenerhitzung (--> bessere Energie-/Hitzeübertragung).

Resultate: FKBE17 trotz hoher Hitze sind immer noch Bakterienkolonien heran gewachsen mit einer homogenen Kolonienmorphologie.

FKBE18/19 extreme Reduktion der Keimzahl (KBE) auf Null, d.h. die Bierflaschen sind mit grosser Wahrscheinlichkeit thermisch sterilisiert worden.

Fazit: Trotz hoher Temperatur ist die Erhitzungszeit von 20 min inkl. Anheizzeit für eine vollständige Elimination der Keime im zugefügten Trinkwasser und der Bierflaschenkeime ungenügend. Wird hingegen das zugefügte Wasser vorher sterilisiert (oder abgekocht), dann findet eine vollständige thermische Sterilisation statt. Allerdings besteht dann immer eine (allerdings sehr) kleine Gefahr von Mikrorissen im Flaschenglas (die bei neu gekauften Bierflaschen gegen Null tendiert).

 

9.3.  SCHLUSSBETRACHTUNG

Die Eingangsfrage "Wann ist eine Bierflasche sauber, keimarm oder gar keimfrei (steril)?" kann nun beantwortet werden:

  • Sterile Bierflaschen können entweder bei hoher Hitze ab ≥ 120 °C während ≥ 20 min feuchter Hitzeeinwirkung

      erreicht werden. Dabei besteht allerdings ein ganz kleines Restrisiko der Bildung von Glas-Mikrorissen, das beim

      Einsatz von Neuflaschen allerdings gegen Null tendiert.

  • Ein ausreichend sicheres und Bierflaschenglas-schonenderes Verfahren ist die Dampf-Erhitzung im Backofen

      während ≥ 20 min mit feuchter Flaschen-Innenhitze (also mit Zugabe von etwas Wasser ins Flascheninnere, z.B.

      ca. 5 mL sterilem oder abgekochtem Leitungswasser bzw. entionisiertem Wasser).

  • Das Dampf-Erhitzen ist eine Chemikalien-freie Methode, bei der in kurzer Zeit gleichzeitig viele Bierflaschen

      sicher entkeimt und bei mit Alufolie geschlossenem Flaschenhals auch über längere Zeit kontaminationsfrei

      gelagert und dadurch bei Bedarf sofort wieder eingesetzt werden können.

  • Die Umgebungsluft ist i.d.R. keine allzu grosse Kontaminationsgefahr z.B. beim Anstellen der Bierwürze.

      In Bodennähe kann allerdings bei ungereinigten Bodenflächen durch aufgewirbelten Staub eine Kontamination

      stattfinden.

  • Periodische Bodenreinigung und zusätzliche Luftreinigung mittels Ionisator (evtl. sogar mit UV-Bestrahlung

      gekoppelt) reduziert Luft- und Bodenkeime massiv.

  • Die Gefahr einer Kontamination durch die "Brauumgebung" ist wesentlich grösser bei hefe-mikrobiologischen

      Arbeiten. Unter "Umgebung" sind Boden, Luft und vor allem umgebende Oberflächen und Arbeitsflächen zu

      verstehen. Diese können mit gängigen oberflächenaktiven Desinfektionsmitteln oder UV-Bestrahlung desinfiziert

      und dadurch keimarm gemacht werden. Saubere Hände, Nitril-Einweghandschuhe, Gesichtsmasken und

      zurückgebundene Haare verhindern eine Mensch-verursachte Kontamination.

  • Bewusstes Arbeiten mit sauberen Brauutensilien ist immer noch die wesentlichste Hygienevoraussetzung,

      um erfolgreich gutes Bier zu brauen.

Bierflasche rein.jpg

Abb. 76. Fazit: Die sicher keimarme Bierflasche.

Voraussetzungen:

(zunächst nur neu gekaufte Bierflaschen verwenden - dürfen nach jeweils  optischer Kontrolle dann wieder verwendet werden):

  1. mechanisch reinigen und spülen

  2. ca. 5 mL abgekochtes Wasser zuführen

  3. Flasche mit Alufolie verschliessen

  4. im Backofen mit Dampf auf 70-80 °C erhitzen

  5. 20 min bei 70-80 °C halten

  6. Flasche ist jetzt abfüllbereit bzw.  mit Alufolie verschlossen lagerfähig bis zur Abfüllung.

rennende bakterien.jpg
Bierflasche Resultate

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04.04.2024

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